Strategiedialog Landwirtschaft
Landwirtschaft, Naturschutz, Ernährungsbranche und Politik unterzeichnen Vereinbarung
Nach zwei Jahren intensiver Arbeit unterzeichneten heute in Stuttgart Vertreter aus Politik, Landwirtschaft, Naturschutz, Ernährungsbranche und Lebensmitteleinzelhandel die gemeinsame Vereinbarung zum Strategiedialog Landwirtschaft.
Im Rahmen der feierlichen Abschlussveranstaltung im Neuen Schloss in Stuttgart, hob Joachim Rukwied, Präsident des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg (LBV), die Bedeutung des gelungenen Dialogs über die Zukunft der Landwirtschaft hervor: „Wenn Lebensmittelhersteller und -händler, Politik, Naturschutz und Landwirtschaft sich auf einen gemeinsamen Weg verständigen, können Zukunftsperspektiven für unsere Bäuerinnen und Bauern geschaffen werden, der Naturschutz gestärkt und die Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen Lebensmitteln aus der Region gesichert werden.“ Ministerpräsident Winfried Kretschmann habe mit dem Start des Strategiedialogs Landwirtschaft vor zwei Jahren den Grundstein gelegt. „Unser Bundesland zeigt erneut, wie man mit vernünftigen Kooperationen anstatt Ordnungsrecht eine zukunftsweisende Agrar- und Umweltpolitik auf den Weg bringen kann,“ erläuterte der Bauernpräsident. Rukwied verwies damit auf die wiederholte Vorbildfunktion Baden-Württembergs für die Politik in Brüssel und Berlin.
Das zeige auch die Zusage einer Finanzierung in Höhe von 143 Millionen Euro zusätzlicher Mittel im Doppelhaushalt 2025/2026 und darüber hinaus. Mit dieser Zusage bekenne sich die grün-schwarze Landesregierung klar zur heimischen Landwirtschaft. „Eine in der Vereinbarung verankerte Finanzierungszusage der Politik war für uns unabdingbar. Mit diesem gesicherten Budget untermauert die Landesregierung die Glaubwürdigkeit des Strategiedialogs. Das eröffnet der heimischen Landwirtschaft echte Zukunftsperspektiven bei der Erzeugung regionaler Lebensmittel und dient auch dem Klima- und Artenschutz,“ verdeutlicht Rukwied.
Maßnahmen zielgerichtet umsetzen
Der Landesbauernverband hat sich intensiv in den Arbeitsgruppen des Strategiedialogs engagiert und sich für Maßnahmen wie der Einführung einer angemessenen Vergütung für Naturschutzleistungen der Landwirtschaft, mehr Planungssicherheit für Erzeuger in der Vermarktung, den Ausbau des Regionalmarketings und der verstärkten Listung von heimischen Lebensmitteln stark gemacht. „Nun ist die Branche gefordert, gemeinsam mit Politik und Verwaltung, aus dem Strategiedialog eine Erfolgsgeschichte zu machen. Jetzt gilt es, die Ziele und vorgeschlagenen Maßnahmen zügig umzusetzen. Das erwarten unsere Bauernfamilien,“ fordert der LBV-Präsident.
Auch die in den Arbeitsgruppen des Strategiedialogs engagierten Vizepräsidenten des Landesbauernverbandes Hans-Benno Wichert, Jürgen Maurer und Roswitha Geyer-Fäßler sehen die Ergebnisse des Strategiedialogs positiv.
Explizites Bekenntnis zur Tierhaltung sehr wichtig
Mit dem Strategiedialog hat sich die Landesregierung auch explizit zur Tierhaltung als wichtiges Standbein der landwirtschaftlichen Betriebe der Region bekannt. „Das war für uns sehr wichtig,“ betonte Hans-Benno Wichert im Rahmen der Abschlussveranstaltung in Stuttgart. „Unsere Bäuerinnen und Bauern sind offen für eine Weiterentwicklung ihrer Tierhaltung. Was sie hierfür allerdings dringend brauchen sind Planbarkeit und Verlässlichkeit. Vor allem eine Politik, die sie im Wettbewerb stärkt. Dazu kann der Strategiedialog seinen Teil beitragen“, ist sich Wichert sicher.
Bei entsprechender Honorierung leisten Betriebe noch mehr Artenschutz
„Die Landwirtschaft und der Naturschutz sind sich einig, dass die Landwirtinnen und Landwirte noch mehr für den Artenschutz leisten werden, wenn dies finanziell angemessen honoriert wird. Es ist ausschlaggebend, dass sich diese Verantwortung der Politik nun auch in den Vereinbarungen des Strategiedialogs widerspiegelt,“ betont Jürgen Maurer. In den kommenden Jahren müsse man geeignete Agrarumweltmaßnahmen entwickeln, die in den landwirtschaftlichen Betrieben praktikabel umzusetzen sind und dem Naturschutz einen Mehrwert bringen.
Handel bestimmt Gestaltungsmöglichkeiten entscheidend mit
Doch die Eröffnung von Zukunftsperspektiven für die heimische Landwirtschaft hängt nicht allein von der Politik ab. Der Lebensmitteleinzelhandel bestimmt kommende Gestaltungsmöglichkeiten auf den Höfen entscheidend mit, wie die Vereinbarung des Strategiedialogs zeigt. „Eine erhöhte Planungssicherheit beim Absatz von Produkten, die tatkräftige Vermarktung nachhaltiger regionaler Lebensmittel und der Vorzug von Frischeprodukten von heimischen Äckern sind Ansätze, die echte Perspektiven schaffen können,“ erklärt Roswitha Geyer-Fäßler. Es sei essenziell, dass sich der Handel und die Akteure der Lebensmittelbranche zu diesen Ansätzen bekannt haben und die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen mit Hilfe der Landesregierung regelmäßig kontrolliert werde. „Jetzt ist es wichtig, dass echte Taten folgen,“ so die LBV-Vizepräsidentin abschließend.
Ein Auszug der angestrebten Maßnahmen der Vereinbarung zum Strategiedialog Landwirtschaft:
- Marketing für regionale Erzeugnisse intensivieren und die Verbraucherkommunikation stärken und ausbauen
- Vorrang von regionalen Produkten im Bereich Frischeprodukte
- Verpflichtende Herkunftskennzeichnung
- Vereinfachung und Entbürokratisierung bestehender Regelungen und Verwaltungsstrukturen
- Investitionsförderung vereinfachen
- Schaffen von Planungssicherheit durch privatwirtschaftliche Rahmenverträge und andere Vereinbarungen ermöglichen
- Angemessenes finanzielles Engagement von allen Akteuren in Bildungsprojekten mit Fokus Landwirtschaft und Ernährung
- Vergütung von Biodiversitätsleistungen der Landwirtschaft durch die Wert-schöpfungskette sowie Verdienstkomponente bei staatlicher Förderung
- Schaffung einheitlicher Biodiversitätskriterien und Integration derer in bestehende Labels
- Produkt- und Verpackungskennzeichnung bei biodiversitätsförderndenProdukten
- Bildungsinhalte zu Landwirtschaft und Biodiversität verstärken
- Stärkung des Netzwerks Landwirtschaft – Naturschutz
- Informationskampagnen zu regionaler Landwirtschaft
- Schaffung von praktikablen, mehrjährigen sowie finanziell attraktiven Biodiversitätsmaßnahmen für die Landwirtschaft
Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg e. V. (LBV) vertritt rund 30.000 Landwirte aus Baden-Württemberg. 20 selbstständige Kreisbauernverbände nehmen auf regionaler Ebene die Interessen des bäuerlichen Berufsstandes wahr. Insgesamt ist jeder zehnte Arbeitnehmer in Baden-Württemberg direkt oder indirekt von der Landwirtschaft abhängig.
Autor: akb