Erntebilanz 2025
Wetterextreme prägen die Erntebilanz – Vermarktung unter Druck
Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg (LBV) zieht Bilanz zur Ernte 2025. Landwirtinnen und Landwirte stellen sich mit verschiedenen Maßnahmen auf Wetterextreme und Klimawandel ein.
Landwirtinnen und Landwirte in Baden-Württemberg blicken auf ein herausforderndes Anbaujahr voller Gegensätze zurück. „Unsere Bauernfamilien standen in diesem Jahr erneut zwischen den Extremen – erst Trockenstress, dann langanhaltende Niederschläge zur Erntezeit“, erklärt Joachim Rukwied, Präsident des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg, im Rahmen der diesjährigen Ernte-Pressekonferenz die Hintergründe. Auch die angespannte Marktlage habe den Druck auf die landwirtschaftlichen Betriebe in Baden-Württemberg erhöht. „Aktuell befinden wir uns auf einem sehr niedrigen Preisniveau. Im Zusammenspiel mit steigenden Betriebsmittelkosten ist ein wirtschaftlicher Ackerbau so nicht mehr möglich“, macht Rukwied deutlich.
Anpassungsstrategien als Schlüssel für stabile Ernten
Um Wetterextreme abzufangen, ergreifen landwirtschaftliche Betriebe verschiedene Maßnahmen: „Unsere Anpassungsstrategien an den Klimawandel wie z.B. erweiterte Fruchtfolgen, Humusaufbau und bodenschonende Bewirtschaftung, zeigen das wir auf dem richtigen Weg sind. Trotz einem herausfordernden Anbaujahr konnten wir so eine ertragsmäßig zufriedenstellende Ernte 2025 einfahren“, stellt Rukwied fest. Der LBV-Präsident macht klar: „Abhängig von Bodenverhältnissen, Niederschlagsverteilung und Erntezeitpunkt beobachten wir regional starke Unterschiede.“ Die langanhaltende Regenphase im Juli sei allerdings nicht für alle Pflanzen schlecht gewesen. „Für Kulturen wie Mais, Zuckerrüben, Weinreben und Grünland war dieser Regen trotzdem wichtig.“
Der Landesbauernverband rechnet in seiner Erntebilanz mit einer Gesamterntemenge von 3 Mio. Tonnen Getreide. Damit liegt die diesjährige Ernte über dem langjährigen Mittel. Nach den aktuellen Zahlen liegt die Erntemenge der wichtigsten Kultur, dem Winterweizen, bei 1,6 Mio. Tonnen und einem Ertrag von 76,9 dt/ha. In der Wintergerste konnte ein überdurchschnittlicher Ertrag von 76,8 dt/ha erzielt werden, bei der Sommergerste mit 61,9 dt/ha ebenso. Der Ertrag im Raps blieb mit 39,5 dt/ha im langjährigen Mittel.
Zunehmender Schädlingsdruck erfordert praxistaugliche Lösungen
Mit den sich verändernden Bedingungen durch den Klimawandel erhöht sich auch der Krankheits- und Schädlingsdruck auf den heimischen Äckern, was man im Fall der Schilf-Glasflügelzikade auch in Baden-Württemberg beobachten kann. „Wir sehen wie sich die Zikade immer weiter in unserem Verbandsgebiet und auch deutschlandweit ausbreitet. Je nach Befallsdruck liegen die Ertragsverluste bei 50 Prozent oder mehr,“ so Bauernpräsident Rukwied. Der Landesbauernverband fordert daher eine dauerhafte Zulassung geeigneter Pflanzenschutzmittel – Notfallzulassungen reichen nicht aus, um einem zunehmenden Schädlingsdruck langfristig zu begegnen. „Ein verantwortungsvoller Pflanzenschutz ist kein Luxus, sondern Grundvoraussetzung für gesunde Pflanzen, sichere Ernten und hochwertige Lebensmittel“, appelliert Rukwied. Die Politik müsse jetzt schnell handeln, auch wenn es um pflanzenbauliche Maßnahmen, wie z. B. die Schwarzbrache geht. „Unsere Bäuerinnen und Bauern wünschen sich, dass ihnen wieder mehr Vertrauen entgegengebracht wird – in ihre Erfahrung, ihre Verantwortung und in die gute fachliche Praxis“, erklärt Rukwied. „Wir müssen wegkommen von starren Reduktionszielen, pauschalen Verboten und einem Bewirtschaften nach Terminkalender. Wir brauchen eine neue, praxisorientierte Strategie für die Zukunft des Pflanzenschutzes, die dem Standort, der Witterung und der Kultur gerecht wird. Zulassungsverfahren müssen schneller werden und am besten auf europäischer Ebene stattfinden.“
Klimaanpassung braucht politische Rückendeckung
Die Landwirtschaft ist bereit, ihren Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels zu leisten – durch Innovation, Anpassung und verantwortungsvolles Handeln. Doch all das helfe wenig, wenn die politischen Rahmenbedingungen nicht stimmen, hebt Joachim Rukwied eindrücklich hervor. Mit Blick auf die aktuelle Debatte zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2028 und den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) warnt der Landesbauernverband eindringlich vor Kürzungen im Agrarbudget. „Klimaanpassung, Tierwohl und Umweltschutz kosten Geld – jeder Euro weniger gefährdet notwendige Investitionen und damit auch unsere Versorgungssicherheit im Südwesten“, betont der LBV-Präsident. Genauso wichtig sei ein fairer Wettbewerb in Europa: „Unterschiedliche nationale Ausgestaltungen der GAP verzerren den Markt und benachteiligen unsere Betriebe. Die GAP muss wieder auf den Acker passen – und nicht ins Büro.“ Die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit müsse oberste Priorität haben, ebenso ein echter Bürokratieabbau.
Ein Beispiel, wie Landwirtinnen und Landwirte in Baden-Württemberg mit dem Klimawandel umgehen, finden Sie in unserem Feature mit Betriebsleiter und Gastgeber Michael Kinzinger, auf dessen Betrieb die diesjährige Ernte-Pressekonferenz stattfindet. Text und Fotos können Sie unter Angabe der Quelle ebenfalls kostenlos für Ihre Berichterstattung nutzen. Diesen verlinken wir Ihnen in Kürze nach Veröffentlichung hier.
Hintergrundinformationen: Ernteergebnisse 2025 (Stand 25.08.2024)
- Winterweizen: Ertrag 76,9 dt/ha+4 % im Vergleich zum langjährigen Mittel.
- Wintergerste: Ertrag 76,8 dt/ha+10 % im Vergleich zum langjährigen Mittel.
- Sommergerste: Ertrag 61,9 dt/ha+12 % im Vergleich zum langjährigen Mittel.
- Raps: Ertrag 39,5 dt/ha+1 % im Vergleich zum langjährigen Mittel.
- Hafer: Ertrag 44,6 dt/ha-7 % im Vergleich zum langjährigen Mittel.
Eine Dezitonne (dt) entspricht 100 Kilogramm. Das langjährige Mittel ist der Durchschnitt der vergangenen sechs Ernten (2019 bis 2024).
Anbauflächen in Baden-Württemberg: Mit einer Fläche von 216.500 Hektar ist der Winterweizen weiterhin die Hauptkultur in Baden-Württemberg, gefolgt von Wintergerste (79.600 Hektar) und Körnermais (52.500 Hektar). Der Anbau von Dinkel lag bei 28.200 Hektar und von Hafer bei 21.600 Hektar. Sommergerste verringerte sich leicht auf 52.500 Hektar. Der Winterrapsanbau nahm leicht zu auf 53.000 Hektar.
Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg e. V. (LBV) vertritt rund 30.000 Landwirte aus Baden-Württemberg. 20 selbstständige Kreisbauernverbände nehmen auf regionaler Ebene die Interessen des bäuerlichen Berufsstandes wahr. Insgesamt ist jeder zehnte Arbeitnehmer in Baden-Württemberg direkt oder indirekt von der Landwirtschaft abhängig.
Autor: akb