LBV-Mitgliederversammlung 2017
Im Zeichen des Jubiläums
Fellbach (Rems-Murr-Kreis), 20. Juni 2017
Auf das 70-jährige Jubiläum können die Mitglieder des Landesbauernverbandes (LBV) mit Stolz blicken. Im Sinne der Bauernfamilien und des ländlichen Raums gelte es, den Weg zum Dienstleistungsverband fortzusetzen, betonte Präsident Joachim Rukwied bei der Mitgliederversammlung am Dienstag in Fellbach (Rems-Murr-Kreis). Er kritisiert gezielte Kampagnen gegen Landwirte und fordert, zur Sachdiskussion zurückzukehren.
Gleich zu Beginn seiner Ansprache wendet sich Joachim Rukwied an Minister Peter Hauk, der zuvor gesprochen hatte. „Wir haben durch die Frostnächte Ende April 2017 massive Schäden insbesondere im Wein- und Obstbau", erinnert er und begrüßt den hierfür geschaffenen Schadensausgleich. Er fordert, die Möglichkeit zu schaffen, im Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) Frostschutzanlagen zu fördern.
Mit einer Stimme sprechen
Die Agrarlandschaften sind in Deutschland und der EU sehr bunt und unterschiedlich. Das ist gerade für die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU eine Herausforderung. „Nur wenn wir uns gemeinsam im Bauernverband aufstellen und bundesweit mit einer Stimme für die deutsche Landwirtschaft sprechen, werden wir gehört!", ist der Präsident des Landes- (LBV) und des Deutschen Bauernverbandes (DBV) überzeugt.
Hinsichtlich der Fortentwicklung der gemeinsamen EU-Agrarpolitik ist Rukwied derzeit in Europa viel unterwegs und führt zahlreiche Gespräche, so jüngst mit EU-Kommissar Günther Oettinger. Hinter verschlossenen Türen laufen intensive Diskussionen über die Neuausrichtung. Da Europa künftig noch mehr Aufgaben wie in der Sicherheit, beim Klimawandel, in der Flüchtlingspolitik und im Rüstungsetat schultern müsse und die Finanzmittel Großbritanniens künftig wegfallen, sei es eine große Herausforderung, das Agrarbudget stabil zu halten.
Erste Säule ist bestes Risikomanagement
„Kernstück der künftigen GAP muss die Erste Säule sein“, unterstreicht Rukwied und zitiert seinen Vorgänger Gerd Sonnleitner: „Die Erste Säule ist bestes Risikomanagement!“ Dennoch weiß der Bauernverband um die Herausforderung, das zu realisieren. „Wir müssen auch Angebote machen, ein grundsätzliches Nein zu der diskutierten Dritten Säule für das Risikomanagement wird keine Mehrheit finden", beschreibt Rukwied die Aufgabe des Bauernverbandes, über Angebote nachzudenken und offen für spezielle Lösungen zu sein. Erneut wiederholt er die Forderung nach einem steuerlichen Risikoausgleich, damit die Betriebe Rücklagen für Jahre mit Ernteausfällen bilden können.
Bauern brauchen Planungssicherheit
„Wir Bauern brauchen Planungssicherheit“, fordert Rukwied und verweist als Beispiel auf die Amortisationsdauer von 20 bis 30 Jahren für Stallneubauten. Damit begründet er die Forderung nach ausreichenden Übergangszeiträumen für Betriebe mit Zuchtsauenhaltung nach dem Kastenstands-Urteil.
Die Initiative Tierwohl bezeichnet er als „Erfolgsmodell“. Die Landwirte seien grundsätzlich offen für das geplante staatliche Tierschutzlabel. Allerdings müsse dasselbe auf Freiwilligkeit beruhen und dürfe nicht per Gesetz verordnet werden.
Die Landwirtschaft benötige eine nationale Nutztierstrategie. Das gehe nur gemeinsam mit der Gesellschaft. Deshalb sei der Berufsstand gut beraten, das in der Gesellschaft zu diskutieren und sich dieser Herausforderung zu stellen.
Faire Aufteilung in der Wertschöpfungskette angemahnt
Die landwirtschaftlichen Betriebe wirtschaften in offenen Märkten. Das sei von der Politik gewollt. „Deshalb müssen die Betriebe wettbewerbsfähig sein!“, betont Rukwied. Der LBV-Präsident mahnt in der Wertschöpfungskette eine faire Aufteilung an. Die Landwirtschaft benötige mehr Wertschöpfung. Dafür trage auch der Lebensmitteleinzelhandel Verantwortung, der dieser gerecht werden müsse.
In der Milchbranche seien bessere Möglichkeiten der Preisabsicherung notwendig, um die Volatilitäten zu mindern, meint Rukwied. Dazu seien Haupt- und Ehrenamt gefordert, betont er. Der LBV-Präsident sorgt sich um die Milchwirtschaft besonders im Südwesten Deutschlands. Er erinnert an die Übernahmen von Südmilch, Allgäuland und nun der Omira. Über Kündigungsfristen und sonstige Lieferbeziehungen müssten die Mitglieder der Genossenschaften allerdings selbst entscheiden.
Wir brauchen Europa
„Wir brauchen Europa!" Daran lässt Joachim Rukwied keinen Zweifel. Nach dem Brexit könne man mit Blick auf die Wahlen in Frankreich manches in der Gemeinschaft wieder etwas gelassener sehen, aber nur, wenn jetzt Frankreich Ergebnisse für Europa und die Menschen liefere. In der EU gäbe es viele globale Herausforderungen wie Migration, Friedenssicherung und Klimawandel. „Wenn Menschen in Frieden und Freiheit leben," so der LBV-Präsident, könne die Landwirtschaft besser bestehen.
Tun ins Zentrum rücken
„Ich erwarte von unseren Gesprächspartnern und Mitbürgern ebenso wie von uns selbst, sachorientiert zu diskutieren.“ Mit deutlichen Worten wendet sich Joachim Rukwied gegen Versuche, in gezielten Kampagnen Bürger gegen die Bauern aufzubringen. Landwirte dürften für ihre nachhaltige Arbeit nicht ungerechtfertigt an den Pranger gestellt werden. Der LBV-Präsident fordert dazu auf, das tägliche Tun in das Zentrum zu rücken. Die Zukunft der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes müsse zum Kernthema werden.
Arbeit anerkennen
Die Zukunftschancen für die familiengetragene Landwirtschaft verbessern, für mehr unternehmerische Freiheit eintreten und so betriebliche Weichenstellungen für die Zukunft ermöglichen – „das muss unser aller Antritt sein!", erklärt Rukwied. Die nächste Generation solle von der Gesellschaft wieder begleitet werden, mit neuen Techniken, innovativen und effizienten Verfahren, wünscht er sich. Ebenso mittelstandsorientierte Politik und vor allem, „die Arbeit von uns Bauern wieder anzuerkennen und wertzuschätzen.“
Autor: hk