Herausforderndes Anbaujahr
Baden-Württembergs Landwirte fahren enttäuschende Ernte ein
Seit vergangenen Oktober stellte die niederschlagsreiche Witterung die Landwirtschaft immer wieder vor größere Herausforderungen. Sei es bei der Aussaat im Herbst oder Frühjahr, beim Dünge- und Pflanzenschutzmitteleinsatz in den Folgemonaten oder auch während der Ernte im Sommer. Das betont der Landesbauernverband in Baden-Württemberg (LBV) bei seiner diesjährigen Ernte-Pressekonferenz auf dem Obstbaubetrieb von Andreas Beck in Eberdingen. Der LBV-Präsident Joachim Rukwied zieht ein enttäuschendes Fazit: „Mit der diesjährigen Getreideernte sind wir nicht zufrieden. Die Erträge liegen unter dem Niveau der Vorjahre.“ Besonders sei in diesem Jahr, dass „aufgrund der lokalen Überschwemmungen, Hagel und Staunässe die Ertragsunterschiede auch innerhalb einzelner Regionen sehr hoch“ seien.
Ernteerwartungen nicht erfüllt
Die Ernte in Baden-Württemberg ist zwischenzeitlich abgeschlossen. Wintergetreide und Raps sind größtenteils gut durch den Winter und das Frühjahr gekommen. Aufgrund der positiven Bestandsentwicklungen war man zunächst zuversichtlich gestimmt und erwartete gute Erträge. Ein Eindruck, der sich keineswegs bestätigt hat. Das Ertragsniveau von Winterweizen, Wintergerste und Winterraps liegt unter dem der Vorjahre. Die ertragsreichen Standorte performten in dieser Saison unterdurchschnittlich. Gute Böden, die für ihre Speicherfähigkeit von Wasser geschätzt werden, kamen aufgrund der wiederkehrenden Regenfälle an ihr Limit. Staunässe bildete sich, was sich negativ auf das Ertragsniveau auswirkte. Nur sehr vereinzelt konnten Landwirte von den Niederschlägen profitieren, etwa in Regionen, die in den vergangenen Jahren unter Trockenheit litten. Auch die Grünlandbetriebe konnten der feuchten Witterung etwas abgewinnen, so erfreute man sich mancherorts über teils sehr gute Erträge. Doch es war eine äußerst schwierige Ernte, wie LBV-Präsident Joachim Rukwied deutlich macht: „Für die Ernte standen nur sehr kleine Zeitfenster zur Verfügung, immer wieder musste der Mähdrusch witterungsbedingt unterbrochen werden. Das hat es unseren Bauernfamilien in diesem Jahr nicht leichtgemacht.“
Zugang zu Pflanzenschutzmitteln unerlässlich
Durch die feuchtwarme Witterung war der Krankheitsdruck in den Kulturen sehr hoch. „Dieses Jahr verdeutlicht eindrucksvoll wie wichtig der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist,“ hebt Joachim Rukwied hervor. „Ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln hätte man in diesem Jahr noch deutlich stärkere Ertragseinbußen verkraften müssen,“ ist sich der LBV-Präsident sicher. Es sei deshalb wichtig, dass Landwirte eine breite Palette an Pflanzenschutzmitteln zur Verfügung haben. „Starre Reduktionsziele und pauschale Verbote sind völlig unangebracht,“ kritisiert Präsident Rukwied. Nur mittels Pflanzenschutz könne man Erträge und Qualitäten absichern und „die Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen und gesunden Lebensmitteln aus der Heimat sicherstellen.“
Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg e. V. (LBV) vertritt rund 30.000 Landwirte aus Baden-Württemberg. 20 selbstständige Kreisbauernverbände nehmen auf regionaler Ebene die Interessen des bäuerlichen Berufsstandes wahr. Insgesamt ist jeder zehnte Arbeitnehmer in Baden-Württemberg direkt oder indirekt von der Landwirtschaft abhängig.
Hintergrund:
Ernteergebnisse 2024 (Stand 22.08.2024)
Winterweizen: Ertrag 71 dt/ha
-3 Prozent im Vergleich zum langjährigen Mittel.
Wintergerste: Ertrag 69 dt/ha
-1 Prozent im Vergleich zum langjährigen Mittel.
Sommergerste: Ertrag 55 dt/ha
-2 Prozent im Vergleich zum langjährigen Mittel.
Raps: Ertrag 40 dt/ha
+2 Prozent im Vergleich zum langjährigen Mittel.
Hafer: Ertrag 49 dt/ha
-1 Prozent im Vergleich zum langjährigen Mittel.
Eine Dezitonne (dt) entspricht 100 Kilogramm. Das langjährige Mittel ist der Durchschnitt der vergangenen sechs Ernten (2018 bis 2023).
Anbauflächen in Baden-Württemberg: Mit einer Fläche von 190.900 Hektar ist der Winterweizen weiterhin die Hauptkultur in Baden-Württemberg, gefolgt von Wintergerste (89.300 Hektar) und Sommergerste (55.300 Hektar). Der Anbau von Dinkel lag bei 17.900 Hektar und von Hafer bei 18.800 Hektar. Körnermais erhöhte sich leicht auf 55.100 Hektar. Der Winterrapsanbau ging leicht zurück auf 51.000 Hektar.
Obstbau Andreas Beck: Familie Beck pflanzte 1947 die ersten Erdbeeren auf dem eigenen Betrieb. Seit damals wurde der Obstbaubetrieb kontinuierlich weiterentwickelt. Mittlerweile bewirtschaftet Betriebsleiter Andreas Beck mit seiner Gattin Anna Beck sowie drei Mitarbeitenden, einem Azubi und etwa 45 Erntehelfern rund 28 ha Fläche. Der Schwerpunkt liegt nach wie vor bei den Erdbeeren, aber auch andere Beeren, Äpfel, Kirschen und Aprikosen werden in dem konventionellen Obstbaubetrieb angebaut. Die Vermarktung erfolgt zum Großteil über den eigenen Hofladen, der Ende der 90er Jahre eröffnet wurde.
Autor: akb