Bundeskartellamt
Rundholzvermarktung verstößt gegen Kartellrecht
Das Bundeskartellamt hat am 15. Juli die abschließende Entscheidung im Rundholzverfahren gegen das Land Baden-Württemberg versandt. Über den Landesbetrieb Forst BW vertreibt Baden-Württemberg bislang nicht nur Holz aus dem eigenen Staatswald, sondern auch das Holz von Kommunal- und Privatwäldern. Nach der Auffassung des Bundeskartellamtes verstößt diese gemeinsame Vermarktung gegen deutsches wie europäisches Kartellrecht. Von dem Verbot freigestellt sind Vereinbarungen, soweit eine Körperschaft, ein Privatwaldbesitzer oder ein forstwirtschaftlicher Zusammenschluss jeweils über eine Waldfläche von bis zu 100 ha verfügen.
Übergangsfristen gesetzt
Die Untersagungswirkung der Entscheidung gilt für die Vermarktung des Holzes von Waldbesitzern ab einer Fläche von 1000 ha ab dem 1. Januar 2016. Für kleinere Waldflächen sowie die vermarktungsnahen Dienstleistungen erst ab dem 1. Juli 2016.
Mit dem Beschluss wird dem Land Baden-Württemberg untersagt, für die anderen Waldbesitzer Holz zu verkaufen und zu fakturieren sowie die unmittelbar vermarktungsnahen Dienstleistungen der Holzauszeichnung, Betreuung von Holzerntemaßnahmen, Holzaufnahme und des Holzlistendrucks zu übernehmen. Dies gilt auch für Personen, die in den Unteren Forstbehörden tätig sind, solange diese unter der Dienst- und/oder Fachaufsicht des Landes stehen.
Darüber hinaus wird dem Land Baden-Württemberg ab dem 1. Juli 2017 untersagt für Waldbesitzer mit mehr als 100 ha die jährliche Betriebsplanung, die forsttechnische Betriebsleitung und den Revierdienst durchzuführen. Diese Untersagung gilt allerdings nur insoweit, als das Land - wie bisher - diese Leistungen von Personen erbringen lässt, die auch den Staatswald bewirtschaften und/oder Zugang zu wettbewerbsrelevanten Informationen über die Holzvermarktung des Staatswaldes haben. Bereits ab dem 1. Juli 2016 dürfen diese Leistungen dann nicht mehr durchgeführt werden, wenn das Land dafür keine kostendeckenden Entgelte verlangt. Die bislang üblichen, nicht kostendeckenden Preise für diese Dienstleistungen verhindern den Wettbewerb durch andere Anbieter.
Bei den Übergangsfristen hat das Bundeskartellamt laut eigenen Angaben vor allem darauf geachtet, dass den indirekt betroffenen Waldbesitzern eine ausreichende Frist zur Umstellung der Bewirtschaftung ihres Waldes zur Verfügung steht. Insbesondere hinsichtlich der forsttechnischen Betriebsleitung und des Revierdienstes hat das Bundeskartellamt mit einer Frist von eineinhalb Jahren ab der Entscheidung für das Land Baden-Württemberg einen ausreichenden Zeitraum für eine mögliche gerichtliche Klärung berücksichtigt.
Minister Bonde: Kartellamt will Zerschlagung der Forstverwaltung
Mit scharfer Kritik hat Forstminister Alexander Bonde auf die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes reagiert. „Das Bundeskartellamt ignoriert alle Hinweise und Stellungnahmen. Nachdem es ursprünglich nur um den Verkauf von Nadelstammholz ging, geht das Kartellamt nun weit darüber hinaus. Obwohl das Land immer wieder öffentlich Gesprächsbereitschaft signalisiert hat, will die Bundesbehörde kompromisslos ihre Maximalforderungen durchsetzen. Das Kartellamt, eigentlich einer sozialen Marktwirtschaft verpflichtet, will neoliberale Vorstellungen im Wald umsetzen. Soziale Verantwortung, ökologische Verpflichtungen und Gemeinwohl spielen in der Verfügung eine geringe Rolle. Ebenso werden bestehende Regelungen im Landeswaldgesetz von Baden-Württemberg ignoriert“, sagte der baden-württembergische Forstminister Alexander Bonde, am 15. Juli in Stuttgart in einer ersten Bewertung der Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes zum Rundholzverkauf in Baden-Württemberg.
Das Land habe in einer umfangreichen Stellungnahme nochmals dargelegt, dass es sich bei der Waldbewirtschaftung um eine umfassende Aufgabe aus ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten handelt. „Für uns ist es selbstverständlich, dass der Holzverkauf als wirtschaftlicher Bereich der Holzvermarktung kartellrechtskonform erfolgen muss. Wir wollen aber, dass die hoheitlichen und gemeinwohlorientierten Aufgaben unverändert durch die Forstverwaltung im bisherigen Umfang erbracht werden können. Wir sind der Meinung, dass wir gute Argumente für unsere Position haben. Nun müssen wir dies leider von den Gerichten klären lassen“, ergänzte der Minister. Es sei bezeichnend, dass die Untersagungsverfügung vom Bundeskartellamt bereits im Internet veröffentlich worden sei, bevor überhaupt eine förmliche Zustellung an das Land erfolgte.
Wald mehr als nur ein Wirtschaftsraum
Es sei einseitig und sachfremd, dass der Wald durch das Kartellamt ausschließlich als Wirtschaftsraum gesehen werde. Dies werde den vielfältigen Wäldern mit den multifunktionalen Ansprüchen im Land nicht gerecht. Der Wald sei Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, Erholungsraum für die Bürgerinnen und Bürger, verlässlicher Lieferant von frischer Luft und sauberem Wasser und er produziere den nachhaltigen Rohstoff Holz. „Das Bundeskartellamt beabsichtigt, dem Land Baden-Württemberg neben dem eigentlichen Nadelstammholzverkauf nun auch in weitem Maße die Wahrnehmung von forstlichen Betreuungsleistungen von der forsttechnischen Betriebsleitung bis zum Revierdienst in Körperschafts- und Privatwäldern über 100 Hektar Waldbesitz zu untersagen“, erklärte der Minister. Dies würde bedeuten, dass die Forstorganisationen sämtlicher Bundesländer nicht mit dem Kartellrecht vereinbar wären. „Hier erwarte ich auch, dass der Bund klar Stellung im Sinne der Sicherung der Daseinsvorsorge im Wald bezieht. Die Bundesregierung muss dies endlich im Bundeswaldgesetz klären und damit der Bundesbehörde Bundeskartellamt einen klaren Rahmen zuweisen.“
Das Land werde umgehend Rechtsmittel beim zuständigen Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen, kündigte der Minister an.
Forstkammer kritisiert kurze Übergangsfristen
Die Forstkammer kritisiert die kurzen Fristen, die das Bundeskartellamt zur Umsetzung des Beschlusses vorgesehen hat. „Wir hatten die Kartellbehörde eindringlich aufgefordert, die Fristen deutlich zu verlängern. Jetzt habe ich große Sorge, ob allen unseren 150 Zusammenschlüssen von Kleinwaldbesitzern eine sinnvolle Neuorganisation des Holzverkaufs in nicht einmal sechs Monaten gelingen wird“, erklärt Burger die Auswirkungen des Schreibens. „Wir brauchen daher so schnell wie möglich Klarheit über das weitere Vorgehen des Landes hinsichtlich der angekündigten Klage gegen den Beschluss. Vor allem müssen wir zeitnah wissen, ob der Sofortvollzug des Beschlusses für die Zeit eines Gerichtsverfahrens ausgesetzt wird“, so Burger. Hier seien das Land und das zuständige Oberlandesgericht Düsseldorf gefordert, schnellstmöglich Klarheit zu schaffen.
Besonders gravierend ist aus Sicht des Waldbesitzerverbandes die Vorgabe, dass in weniger als einem Jahr sämtliche Dienstleistungsgebühren kostendeckend sein müssen. Bisher waren diese Leistungen durch das Land subventioniert. Grund hierfür sind die vielen Gemeinwohlleistungen, welche die Waldbewirtschaftung für Gesellschaft und Umwelt erbringt. Burger fordert das Land auf, hier politisch neue Regelungen zu schaffen: „Wir befürchten massive Kostensteigerungen für die Waldbesitzer. Die Frage des Gemeinwohlausgleichs für private und kommunale Waldbesitzer muss jetzt ganz oben auf der politischen Agenda stehen.“ Die Forstkammer hat vorgeschlagen, die privaten und kommunalen Waldeigentümer durch eine neue „Ausgleichszulage Wald“ zu unterstützen.
Falsch ist aus Sicht der Forstkammer die Behauptung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in der heutigen Pressemitteilung zum Kartellverfahren, dass eine nachhaltige Waldpflege „gesetzlich geregelt und von öffentlichen Forstbediensteten umgesetzt werden müsse, die „keiner ausschließlich betriebswirtschaftlichen Zielsetzung unterworfen sind“. „Die Waldbesitzer und privaten und kommunalen Förster im Land machen eine hervorragende Arbeit im Wald und erfüllen höchste ökologische und soziale Standards. Der Staat hat keinen Exklusivanspruch auf die nachhaltige Waldwirtschaft. Außerdem sehe ich nicht, dass eine Orientierung an betriebswirtschaftlichen Grundsätzen schlecht für den Wald und die Forstwirtschaft ist“, stellt Forstkammer-Präsident Roland Burger klar. Bei aller inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Kartellbehörde dürfe man jetzt nicht in eine Überreglementierung und Verstaatlichung der Forstwirtschaft umschlagen. Ziel müsse stattdessen eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Forstverwaltung und Waldbesitzern sein.