Zahl der Saisonkräfte geht zurück
Im Jahr 2008 haben die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter in Baden-Württemberg 44.702 ausländische Saisonarbeitskräfte für eine Beschäftigung auf Obst- oder Gemüsefeldern im Südwesten zugelassen. Das sind 2.481 Menschen weniger (minus 5,3 Prozent) als noch im Vorjahr. „Die zumeist aus Polen, Rumänen und Kroatien stammenden Arbeitskräfte arbeiten zwischenzeitlich in anderen EU-Staaten zu attraktiveren Bedingungen, zumal dort der Zugang zum Arbeitsmarkt meist einfacher ist“, so Jutta Driesch, Mitglied der Geschäftsführung der Regionaldirektion Baden-Württemberg. Auch der Anteil inländischer Arbeitskräfte, die über einen Bewerberpool vermittelt werden, ist zurückgegangen: 2007 waren es 2.626 Menschen, 2008 hingegen 1.909 (minus 27,3 Prozent). „Durch die gute Arbeitsmarktlage ist für viele Arbeitslose und Arbeitnehmer eine Beschäftigung in einem Saisonbetrieb weniger lukrativ geworden“, erläuterte Driesch. Der Bewerberpool, der auf die sogenannte Eckpunkteregelung zurückgeht, wird von den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern betreut (siehe Hinweis für Redaktionen).
„Angesichts dieser problematischen Entwicklung für die auf Saisonarbeitskräfte angewiesenen landwirtschaftlichen Betriebe, ist die jetzt von der Bundesregierung geplante Verlängerung der Beschäftigungsdauer für ausländische Saisonarbeitskräfte von vier auf sechs Monate ein Schritt in die richtige Richtung“, betonte Joachim Hauck, Abteilungsleiter im Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum. „Wenn die Bundesregierung in ihrem Aktionsprogramm betont, künftig sicher stellen zu wollen, dass der saisonale Arbeitskräftebedarf in der Landwirtschaft gedeckt wird, sollte die Beschäftigungsdauer unbedingt auf neun Monate verlängert werden“, forderte Hauck. Eine Beschäftigungsmöglichkeit von nur sechs Monaten sei kein ausreichender Anreiz, in Deutschland eine Saisonarbeit aufzunehmen. Diese Bitte wurde bereits vor Wochen von Minister Peter Hauk an die Bundesregierung gerichtet. Er bat darum, in Verhandlungen mit Drittstaaten wie Weißrussland, Ukraine oder Moldawien zu treten, mit dem Ziel, weitere bilaterale Verträge zur Vermittlung von Saisonarbeitskräften abzuschließen.
Dem Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbands in Baden-Württemberg, Peter Kolb, bereitet der Rückgang der Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe, die 2008 Saisonarbeitskräfte beantragt haben, große Sorgen: „Es wäre verheerend, wenn unsere Betriebe wegen des bürokratischen Aufwandes und der zunehmenden Unsicherheit, ob die beantragten Erntehelfer überhaupt ihre Arbeit antreten, aus dem arbeitsintensiven Anbau von Sonderkulturen aussteigen. Das würde nicht nur die Vielfalt unserer hochwertigen regionalen Obst- und Gemüsesorten mindern, sondern auch zahlreiche Arbeitsplätze in der Land- und Ernährungswirtschaft gefährden“, erläuterte Kolb. „Wir brauchen dringend einen unbeschränkten Zugang für osteuropäische Arbeitskräfte zum deutschen Arbeitsmarkt. Zudem muss Drittstaatsangehörigen die Arbeit in der Agrarwirtschaft durch Abschluss bilateraler Verträge ermöglicht werden“, fordert der Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbandes.
Zufrieden äußerte sich Kolb über die diesjährige Zusammenarbeit mit den regionalen Agenturen für Arbeit, den Jobcentern, der Regionaldirektion Baden-Württemberg und der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung in Bonn. Als Beispiel verwies der Hauptgeschäftsführer auf die schnelle und unkomplizierte Abwicklung der Vermittlung rumänischer Saisonarbeitskräfte. Im Sommer war es bei Erntehelfern aus Rumänien wegen eines Bearbeitungsstaus in der dortigen Arbeitsverwaltung zu starken Verzögerungen gekommen.
Um die Zufriedenheit der Betriebe und Saisonarbeitskräfte mit dem Vermittlungs- und Einstellungsverfahren messen zu können, befragt die Bundesagentur für Arbeit Landwirte und Arbeitnehmer. Die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter erhielten dabei sowohl von den Betrieben als auch von den Saisonbeschäftigten für die Vermittlungsleistungen gute Noten. In der aktuellen Befragung gaben zudem 85 Prozent der inländischen Arbeitskräfte an, im Jahr 2008 bis zum Ende ihres Vertrags gearbeitet zu haben. 2007 waren es 80 Prozent. 90 Prozent (2007: 70 Prozent) der Arbeitskräfte sind über ein Stellenangebot der Arbeitsagenturen oder Jobcenter von den Saisonbetrieben eingestellt worden.
Hinweis für Redaktionen:
Die Eckpunkteregelung klärt das Verhältnis zwischen inländischen und ausländischen Arbeitskräften in der Saisonbeschäftigung. In Agenturbezirken mit positiver Arbeitsmarktlage, wie beispielsweise in Baden-Württemberg, kann die Zahl der Saisonarbeitskräfte aus Mittel- und Osteuropa bis zu 90 Prozent der im Jahr 2005 zugelassenen Saisonbeschäftigten betragen. Der Anteil inländischer Arbeitskräfte beträgt somit mindestens zehn Prozent. In Agenturbezirken mit einer weniger positiven Arbeitsmarktlage ist die Zahl der Saisonarbeitskräfte aus Mittel- und Osteuropa auf 80 Prozent begrenzt. Die Eckpunkteregelung wird durch die Bundesregierung jährlich festgelegt.
Durch den Bewerberpool können landwirtschaftliche Betriebe ganzjährig auf Saisonarbeitskräfte zurückgreifen. Voraussetzung für eine Aufnahme in den Pool ist eine vorherige Beratung durch Agenturen oder Jobcenter, die den Bewerberpool betreuen.