Pressemitteilung
Massive Krise bedroht Schweinehaltung in Baden-Württemberg
LBV-Vorstand fordert umgehend Liquiditätshilfen
In der existenzbedrohenden Lage der baden-württembergischen Schweinehaltung sendet der Vorstand des Landesbauernverbandes (LBV) einen deutlichen Appell an Politik und alle Marktbeteiligten: „Unsere Schweinehalter brauchen jetzt dringend Unterstützung, um die Krise zu überstehen. Hierzu ist auch ein klares Bekenntnis aller Marktpartner zur hiesigen Schweinehaltung notwendig. Jetzt muss gehandelt werden, ansonsten stirbt die einst starke Veredelung im Land.“ Schon heute läge der Selbstversorgungsgrad für Schweinefleisch aus Baden-Württemberg bei nur knapp 50 Prozent. Die Anzahl der Betriebe hatte innerhalb eines Jahres um weitere fünf Prozent abgenommen.
Mit Beginn der Corona-Pandemie ist der Schweinepreis eingebrochen und hat sich seitdem nicht mehr erholt. Die fehlende Nachfrage der Gastronomie und die Einschränkungen des öffentlichen Lebens belasten den Schweinefleischmarkt bis heute. Für die Schweinehalter ist die Situation katastrophal und existenzbedrohend. Das Ausmaß ist nicht vergleichbar mit den Krisen vergangener Jahre. Viele Betriebe können seit über einem Jahr nicht mehr kostendeckend arbeiten. Im Schnitt legt jeder Schweinezüchter oder Mäster zwischen 50 und 60 Euro je Schwein drauf. Explodierende Energie- und Futterpreise verschärfen die Situation zusätzlich. Die Betriebe sehen aktuell keine Perspektive und Baden-Württemberg droht der Verlust seiner Schweinehaltung.
Im Rahmen einer Sondersitzung fordert der LBV-Vorstand Politik und Handel auf, der Krise entgegenzutreten. Die Betriebe brauchen jetzt schnell finanzielle Unterstützung. Dafür müssen Corona-Hilfen unverzüglich und unbürokratisch bei den Betrieben ankommen. Um die Krise zu überwinden ist der Handel aufgefordert, die Vermarktung von Schweinefleisch erheblich zu intensivieren. Die Marktüberhänge müssen dringend abgebaut werden, ein deutlicher Preisanstieg ist zwingend notwendig. Insbesondere die Regional- und Qualitätsprogramme Baden-Württembergs müssen zur Preisstabilisierung genutzt werden. Die Abrechnungsmasken für Schlachtschweine müssen geöffnet werden, damit Schweinehaltern keine Abschläge drohen, wenn sie beispielsweise leichtere Tiere als üblich an den Schlachthof liefern.
Für die Zukunft braucht es deutlich verlässlichere Rahmenbedingungen und Verträge für die Schweinehalter. Die Qualitätsprogramme für Schweinefleisch aus Baden-Württemberg müssen hierfür ausgebaut werden. Der Lebensmitteleinzelhandel muss die Weiterentwicklung der Haltungsformen hin zu noch mehr Tierwohl mit der notwendigen finanziellen Planungssicherheit versehen. Die Politik muss diese Entwicklung mit der Umsetzung des Borchert-Plans unterstützen, Hürden im Baurecht abbauen und auf eine weitere Verschärfung rechtlicher Vorgaben endlich verzichten.
Hintergrund: Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg e. V. (LBV) vertritt rund 33.000 Landwirte aus Baden-Württemberg. 20 selbstständige Kreisbauernverbände nehmen auf regionaler Ebene die Interessen des bäuerlichen Berufsstandes wahr. Insgesamt ist jeder zehnte Arbeitnehmer in Baden-Württemberg direkt oder indirekt von der Landwirtschaft abhängig.
Schweinehaltung in Baden-Württemberg: Es gibt laut Statistischem Landesamt nur noch 1.900 schweinehaltende Betriebe, darunter 800 Ferkelzüchter in Baden-Württemberg. In den vergangenen Jahren hat diese Sparte einen regelrechten Strukturbruch erlebt, die Anzahl der Betriebe hat innerhalb eines Jahres um fast fünf Prozent abgenommen. Deutschlandweit sind es nur noch 19.800 schweinehaltende Betriebe (Rückgang um 3,3 Prozent zum Vorjahr) mit insgesamt knapp 24,7 Millionen Schweinen. Auch hier nimmt die Zahl seit Jahren ab.
Situation der Schweinehalter: Die baden-württembergische Schweinehaltung befindet sich momentan in der größten Krise seit Jahrzehnten. Viele Betriebe wirtschaften bereits seit über einem Jahr nicht mehr kostendeckend. Die Preise für Ferkel und Mastschweine sind viel zu niedrig. Momentan erhält der Schweinemäster 1,20 je Euro/kg Schlachtgewicht, der Ferkelzüchter nur 20 Euro pro Ferkel. Kostendeckend wird es für die Mäster ab einem Preis von ca. 1,80 Euro/kg Schlachtgewicht. Bei den Schweinezüchtern rechnet sich die Arbeit erst ab ca. 70 Euro pro Ferkel. Diese Zahl hängt jedoch auch stark von den betriebsindividuellen Gegebenheiten ab und kann teilweise auch deutlich höher liegen.
Situation am Schlachtschweinemarkt: Der Schlachtschweinepreis hat mehrere große Einbrüche erlitten, die Hauptursache für die anhaltend schlechte Marktsituation ist vor allem in der Coronapandemie zu sehen, wodurch das allgemeine Preisniveau für Schweinefleisch stark abgesunken ist. Gründe dafür sind unter anderem immer noch fehlende Großveranstaltungen und Einschränkungen in der Gastronomie. In Baden-Württemberg liegt der Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch lediglich bei 49,1 Prozent.
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Autor: LBV