Interview mit Klaus Mugele
Preisverfall trifft ins Mark
BWagrar: Herr Mugele, die Schlachtschweinenotierungen sanken von 1,80 Euro je Kilogramm Schlachtgewicht im Sommer auf 1,32 Euro. Wie steht es um die Wirtschaftlichkeit?
Mugele: Die Schweinehalter sind das Auf und Ab an den Märkten gewohnt und wis-sen damit umzugehen. Die kurzen Phasen mit akzeptablen Preisen reichen inzwischen aber nicht mehr, um die lang gewordenen Durststrecken aufzufangen. Es wird immer schwieriger, ausreichende Krisenreserven zu bilden. Vor allem die Ferkelerzeuger müssen schon wieder herbe Verluste einstecken. Der wirtschaftliche Druck in der Schweinehaltung ist enorm hoch. Wer im Wettbewerb bestehen möchte, muss mit seiner Produktion Spitzenwerte erreichen und selbst dann müssen immer wieder Verlustphasen überstanden werden. Die Stimmung der Schweinehalter in Baden-Württemberg ist alles andere als gut. Wenn nicht bald eine grundlegende Trendwende eingeleitet wird, besteht die ernsthafte Gefahr, dass der Verbraucherwunsch nach in Baden-Württemberg regional erzeugtem Schweinefleisch immer weniger erfüllt werden kann. Schon jetzt kommt jedes zweite Schnitzel von außerhalb.
BWagrar: Worin sehen Sie die Ursachen?
Mugele: Das Russland-Embargo drückt auf den Markt. Zudem konnte Deutschland 2014 deutlich weniger Schweinefleisch in Drittländer wie China oder Hongkong exportieren. Polens Schweineerzeugung wächst erstmals wieder. Ein gestiegenes Angebot aus Dänemark und den Niederlanden verschärfte den Preisdruck. Die unsäglichen Medienkampagnen bewirken zudem einen deutlichen Verzehrsrückgang.
BWagrar: Wer hat Verantwortung in der Kette?
Mugele: Der Preiskampf im Handel ist für alle Beteiligten der Wertschöpfungskette schädlich. Allein aufgrund der fehlenden Planungssicherheit überlegen es sich Landwirte mindestens zweimal, ob sie in der Schweinehaltung noch eine Perspektive haben. Schlachtunternehmen und Lebensmittelhandel haben es in der Hand, ob für die Erzeuger die Rechnung aufgeht. Ständiger Preisdruck und enorme Preisabschläge von einer Woche zur nächsten vernichten Geld, das die Branche zur Rohstoffsicherung und Weiterentwicklung der Betriebe dringend braucht.
Viele junge Betriebsleiter fragen sich, warum soll ich in dieser schwierigen wirtschaftlichen Lage und der überzogenen Kritik an der Tierhaltung noch weiter in die Schweinehaltung investieren. Der Ausstieg liegt da schnell nahe. Dem gesellschaftlichen Wunsch nach regional im Land erzeugtem Schweinefleisch laufen die Preisdruck-Strategie und Kampagnen von Nichtregierungsorganisationen total entgegen.
BWagrar: Was erhöht die Wirtschaftlichkeit?
Mugele: Die Marktlage kann bei einem globalen Geschäftsfeld nicht außer Acht gelassen werden. Allerdings sollten Lebensmitteleinzelhandel und Schlachtunternehmen nicht nur auf kurzfristige Gewinne spekulieren, sondern die Situation und Entwicklung der Rohstoffproduzenten vor Ort mit berücksichtigen. Die Politik ist gefordert, die Erschließung neuer Absatzmärkte zum Beispiel durch geeignete Veterinärvereinbarungen zu unterstützen. Für die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe trägt die Politik in besonderem Maße Verantwortung. Trotz mehrfacher Gespräche mit der Ministeriums-Spitze wird die Tierschutznutztierhaltungsverordnung in Baden-Württemberg immer noch deutlich strenger als in anderen Bundesländern ausgelegt. Die Veterinäre vor Ort bestehen dabei auf Zentimeter, die eine kostspielige Umsetzung nach sich ziehen und dabei einen sehr fraglichen Nutzen für den Tierschutz haben.
Mit Ankündigung des Verbandsklagerechts für Tierschutzverbände verschärft sich die Situation noch. Was wir brauchen, sind Angebote und Rahmenbedingungen, die den Veredlungsstandort Baden-Württemberg stärken und ein positives Investitionsklima schaffen. Dazu gehört, endlich zu erkennen, dass mit jeder weiteren Verschärfung in den Auflagen gerade mittleren Betrieben das Wirtschaften über Gebühr erschwert wird.
Autor: hk