Bauerntag Neckar-Odenwaldkreis
Nicht noch mehr draufsatteln
„Wir haben langsam den Eindruck, dass es bei den ganzen Programmen für die Landwirtschaft nicht mehr um die Landwirtschaft geht, sondern mehr um Beschäftigung in den Amtsstuben.“ Mit diesen Worten rief Vorsitzender Herbert Kempf unter dem Applaus der Mitglieder des Bauernverbandes Neckar-Odenwald-Kreis zum Bürokratieabbau auf.
Wie zuvor Landrat Dr. Achim Brötel in seinem Grußwort verwies auch Kempf auf die ungelösten Probleme mit der Digitalisierung der Antragstellung, die dazu geführt haben, dass zum Jahreswechsel noch jeder fünfte Landwirt im Kreis auf seine Direktzahlungen warten musste. Nachbesserungsbedarf bestehe ebenso beim neuen Jagdgesetz. Nach Abschaffung des Vorverfahrens der Gemeinden werde die Begutachtung oft teurer als der Wildschaden selbst, so Kempfs Begründung.
Vollkommenes Verständnis für den Unmut der Bauern nach den Problemen mit der Antragstellung und den Zahlungsrückständen hatte Peter Hauk, Minister für Ländlichen Raum. Die Verzögerungen führte er darauf zurück, dass man nach dem Beschluss zur Digitalisierung „praktisch blank“ ohne die erforderliche EDV-Technik und Programme an den Start gehen musste. Die Techniker der Verwaltung würden unter Hochdruck arbeiten. Sie mussten die Programme im laufenden Betrieb entwickeln. Der Verwaltungsaufwand für die Direktzahlungen sei mit 20 Prozent Kosten für das Land mittlerweile immens. Jede Versicherung, die mit maximal vier bis fünf Prozent Verwaltungskosten kalkuliert, müsste Insolvenz anmelden, prangerte Hauk das Missverhältnis an. Für 2017 versprach jedenfalls Besserung bei der Antragsabwicklung, „die nach menschlichem Ermessen gut laufen wird, falls es keine Änderungen gibt“.
Doch erster Änderungen sieht Hauk bereits kommen, wenn es zu der von Niedersachsen im Bundesrat beantragten höheren Umschichtung von der Ersten in die Zweite Säule kommt. Das Land wolle sich maximal auf eine Erhöhung von derzeit 4,5 auf sechs Prozent beschränken. Dabei gab der Minister die Zusage, diese Mittel erneut in der Landwirtschaft einzusetzen. Insbesondere die Ackerbauern seien nach seiner Meinung bisher zu kurz gekommen, weil auch sie mit umweltfreundlicher Gülleausbringung und Begrünungsmaßnahmen ihren Beitrag zum Umwelt- und Hochwasserschutz leisten würden.
Überhaupt sollten die gesamten Greening-Maßnahmen aus der Ersten Säule heraus, damit diese wieder im ursprünglichen Sinn der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit dient. „Außerdem müssen wir in Deutschland damit aufhören, ständig ein paar Dinge draufzusatteln“, ist sich der Minister mit Herbert Kempf einig.
Handel muss mehr die Kundschaft einbeziehen
Mehr Marktbeobachtung erwartet Hauk künftig von den Molkereien, dem Handel und den Genossenschaften. Sie müssen sich wieder mehr dem Kunden zuwenden. Zunehmende Preisschwankungen auf den Märkten müssten etwa durch gestaffelte Preise oder unterschiedlich Vertrags-Laufzeiten abgefangen werden, damit nicht jeder Spotmarkt-Preis sofort auf den Produzenten durchschlägt.
Bei der Agrarinvestitionsförderung ist es laut Minister Hauk im Land gelungen, die seither gültigen starren Grenzen für die Betriebsgröße und dem Einkommen etwas aufzubrechen.
Alte Zöpfe abschneiden
Verbesserungen hält Hauk bei den Gewässerrandstreifen für notwendig. „Da die Technik vorhanden ist, Pflanzenschutz- und Düngemittel bei der Ausbringung exakt zu positionieren, brauchen wir keine Sicherheitsabstände. Das sind alte Zöpfe aus dem letzten Jahrhundert, die abgeschnitten gehören“, sagt er zu seinem geplanten Vorstoß.
Zum abgeschafften Vorverfahren im Jagdrecht wolle man im Grunde wieder hin, weil es zur Befriedung der Beteiligten beigetragen habe und alle damit zufrieden waren. Eine Überprüfung ist laut Koalitionsvereinbarung für das Jahr 2018 vorgesehen.
Autor: Gerhard Bernauer