Rundholzvermarktung
Land wehrt sich gegen Zerschlagung der Forststruktur
Es liege nun in der Verantwortung des Bundeskartellamtes, daraus die notwendigen Schlüsse zu ziehen. „Möglicherweise wird das Bundeskartellamt reagieren, indem es demnächst den gemeinsamen Holzverkauf förmlich untersagen wird“, erläuterte der Minister. Das Land werde in engem Schulterschluss mit den Kommunalen Landesverbänden alles tun, um Risiken im weiteren Verfahren zu minimieren und erforderlichenfalls auch den Rechtsweg beschreiten.
Laut Bonde stellt das Bundeskartellamt die gefundene Lösung zum Rundholzverkauf in Baden-Württemberg und der Struktur der Forstverwaltung erneut in Frage. Nach intensiven Verhandlungen wurde im vergangenen Herbst eine Lösung gefunden, die - trotz einschneidender Veränderungen der Verwaltungsstrukturen - einen Weg aufgezeigt hat, der sowohl vom Land als auch von den Kommunalen Landesverbänden mitgetragen werden konnte. Dies wurde durch die Landesregierung im November beschlossen und war Grundlage für eine sogenannte Verpflichtungszusage, die das Land dem Bundeskartellamt gegenüber abgegeben hat.
„Das Bundeskartellamt hat zwar die ausgehandelten Verpflichtungszusagen ursprünglich akzeptiert, bewertet diese jetzt aber völlig unerwartet in einem neuen Kontext. Erst mit seinem Anhörungsschreiben im Dezember 2014 hat das Bundeskartellamt offengelegt, dass es in vielen zentralen Fragen weiterhin eine andere Auffassung vertritt als im Kompromiss ausgehandelt. Die Forsteinrichtung, die forsttechnische Betriebsleitung im Körperschaftwald ebenso wie der Revierdienst werden vom Bundeskartellamt als wirtschaftliche Tätigkeiten eingestuft. Auch wird die vereinbarte Ausstiegsklausel für den Fall einer Änderung des Bundeswaldgesetzes letztendlich für wirkungslos erklärt. Dem können wir so nicht zustimmen. Dies ist sehr ärgerlich und kein verantwortungsvoller Umgang mit dem Wald, den Waldbesitzenden und den Menschen, die im Wald arbeiten“ sagte der baden-württembergische Forstminister Alexander Bonde am Montag (26. Januar) in Stuttgart.
Kommunale Waldbesitzer sehen Ziele der Waldbewirtschaftung in Gefahr
„Der aktuelle Beschluss des Bundeskartellamts ist nicht geeignet, um die Ziele der kommunalen Waldbesitzer zu erreichen. Deshalb hat der Gemeinsame Forstausschuss von Gemeindetag und Städtetag das Land als Verfahrensbeteiligten einstimmig dazu aufgefordert, sowohl für die Holzvermarktung als auch für die damit zusammenhängenden forstlichen Dienstleistungen klare und rechtssichere Grundlagen zu schaffen“, ergänzte der Präsident des Gemeindetags, Roger Kehle, die Einschätzungen des Ministers.
„Eine so tiefgreifende Strukturreform der Forstverwaltung macht nur Sinn, wenn sie zu stabilen und rechtssicheren Verhältnissen für die Forstverwaltung und Stadtkreise sowie für die waldbesitzenden Kommunen führt. Das, was das Bundeskartellamt in seinem Anhörungsschreiben ausführt, konterkariert aber dieses Ziel geradezu. Dass das Bundeskartellamt auf diese Weise den mit dem Land gefundenen Kompromiss nun wieder aufkündigt, ist für mich nicht nachvollziehbar“, so die Einschätzung der Präsidentin des Städtetags, Oberbürgermeisterin Barbara Bosch.
Auch der Präsident des Landkreistages, Landrat Joachim Walter, sieht den Verpflichtungszusagen die Grundlage entzogen. „Das aktuelle Anhörungsschreiben des Bundeskartellamts birgt in sich Widersprüche und bietet damit keine ausreichende Rechtssicherheit für eine praktikable Umsetzung. Bisher haben das Land und die kommunalen Landesverbände an einem Strang gezogen und alle Schritte des Verfahrens intensiv abgestimmt und gemeinsam getragen. Das soll auch weiter so bleiben. Die Landkreise werden eine strukturelle Änderung der Forstverwaltung nur auf rechtssicherer Basis umsetzen“, betonte er.
Land nimmt Zusagen zurück
Vor diesem Hintergrund wurde in den letzten Wochen nochmals alles versucht, mit dem Bundeskartellamt eine tragfähige Lösung zu finden. „Es ist mir unerklärlich, wie eine Bundesbehörde hier agiert. Letztendlich bleibt dem Land nun keine andere Möglichkeit als die Notbremse zu ziehen. Deshalb haben wir heute die Zusagen des Landes an das Bundeskartellamt zurückgenommen“, erläuterte Minister Bonde. „Möglicherweise wird das Bundeskartellamt reagieren, indem es demnächst den gemeinsamen Holzverkauf förmlich untersagen wird“, erläuterte der Minister. „Wenn dazu kurzfristig organisatorische Änderungen beim Holzverkauf durch die Landratsämter notwendig werden, werden wir diese mittragen“, sicherte Präsident Walter dem Minister zu. „Dabei gehen wir davon aus, dass das Land den Kreisen im Hinblick auf etwaige finanzielle Risiken zur Seite steht“, so Walter. „Wenn dazu kurzfristig organisatorische Änderungen beim Holzverkauf durch die Landratsämter notwendig werden, werden wir diese mittragen“, sicherte Präsident Walter dem Minister zu. „Dabei gehen wir davon aus, dass das Land den Kreisen im Hinblick auf etwaige finanzielle Risiken zur Seite steht“, so Walter.
Rückendeckung erhält Bonde auch von der AG Wald. „Wir begrüßen diese Entscheidung des Ministers und die Rückendeckung der kommunalen Spitzenverbände ausdrücklich“, so Dietmar Hellmann, Vorsitzender der AG Wald. Eine am Gemeinwohl orientierte Waldwirtschaft, unsere Beschäftigten und unsere Kunden brauchen Rechtssicherheit beim Aufbau neuer Strukturen. Diese ist durch die Infragestellung des Verhandlungsergebnisses durch die Hintertür nicht mehr gegeben. Das Bundeskartellamt betreibt nun offen die Zerschlagung des bereits vereinbarten Erhalts der Einheitsverwaltung derprivaten und kommunalen Waldbesitzer und geht damit weit über die Herstellung kartellrechtskonformer Holzverkaufsstrukturen hinaus.
FDP: Hat Bonde richtig informiert?
Die FDP-Landtagsfraktion sieht erhebliche Fragen zu bisherigen Bewertungen und Informationen von Forstwirtschaftsminister Bonde. Laut ihrem forstpolitischem Sprecher, Dr. Friedrich Bullinger, müsse man rückblickend schon die Frage stellen, ob Minister Bonde den Landtag und die Öffentlichkeit bisher im Detail korrekt über die Verhandlungen informiert beziehungsweise ob er als zuständiger Minister die Signale und Stellungnahmen des Kartellamtes richtig bewertet habe. Der nun drohende langwierige Rechtsstreit zwischen dem Kartellamt und dem Land mit all seinen juristischen und wirtschaftlichen Unwägbarkeiten sei für die Forstbediensteten, für die mittelständischen Forst- und Sägeunternehmen, die privaten Kleinwaldeigentümer und für die Besitzer von Kommunalwald das mit Abstand Schlechteste, was passieren konnte.
Gerichtsverfahren eine schlechte Lösung
Die Forstkammer, der Verband der baden-württembergischen Waldbesitzer, äußert sich enttäuscht über die jüngsten Entwicklungen im Kartellstreit zur Rundholzvermarktung. „Wir teilen die Einschätzung des Landes, dass der letzte Beschlussentwurf des Bundeskartellamts keine rechtssichere Basis für eine Neuorganisation im Forstbereich gewesen wäre“, so Verbandspräsident Roland Burger. Aber ein Gerichtsverfahren sei für alle Beteiligten eine denkbar schlechte Lösung. „Wenn wir Pech haben, verlängert sich damit die Unsicherheit über die Zukunft der Strukturen um Jahre.“ Für die betroffenen Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer sei das eine große Belastung. Man bedauere daher, dass es Kartellbehörde und Land nicht gelungen sei, sich auf dem Verhandlungsweg zu einigen.
Die Forstkammer befürchtet jetzt einen organisatorischen Stillstand im Forstbereich. „Alle Branchen suchen händeringend qualifizierte Nachwuchskräfte. Da können wir es uns nicht leisten, jedes freiwerdende Revier nur noch unter Vorbehalt zu besetzen“, konstatiert Burger. „Ich fordere daher die Verantwortlichen in den Landkreisen und im Ministerium auf, jetzt nicht in einen Dornröschenschlaf zu verfallen, sondern die erkennbar notwendigen Strukturanpassungen zeitnah, konsequent und zukunftsfähig umzusetzen.“ Im Bereich der Holzvermarktung müsse der vom Land bereits 2008 eingeschlagene Weg des Aufbaus und der Stärkung eigenständiger Vermarktungskooperationen konsequent weitergegangen werden.