Andreas Knäuer im Interview
Können Landwirte weiter pauschalieren?
BWagrar-Interview mit Andreas Knäuer
Können Landwirte weiter pauschalieren?
Andreas Knäuer, Steuerberater und Diplom-Finanzwirt (FH), ist Geschäftsführer der Buchstelle LBV GmbH. Das Unternehmen mit über 430 Mitarbeitern hat Standorte in Stuttgart, Aalen, Bad Waldsee, Ravensburg, Weinsberg und Boxberg. Im Interview mit BWagrar geht der Steuerfachmann der Frage nach, ob sich in dem Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen der Vorsteuer-Pauschalierung eine Lösung abzeichnet und welche Erwartungen der Berufsstand an einen Kompromiss hat.
BWagrar: Herr Knäuer, die EU-Kommission verklagt Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof, weil die Durchschnittssatz-Besteuerung nach § 24 des Umsatzsteuer-Gesetzes (UStG) nicht mit EU-Recht vereinbar sei. Wie ist der aktuelle Stand? Drohen Steuerrückzahlungen oder ist die Versteuerung mit Durchschnittssätzen noch zu retten?
"Wir als Verband der Landwirte, den Hauptbetroffenen, konnten immer wieder Vorschläge einbringen."
Knäuer: Das Bundesfinanzministerium und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft verhandeln seit Jahren mit der EU-Kommission. Wir als Verband der Landwirte, den Hauptbetroffenen, konnten immer wieder Vorschläge einbringen. Wenn es einen Kompromiss gibt, wird der Europäische Gerichtshof das Vertragsverletzungsverfahren einstellen. Das wird erst dann erfolgen, wenn die von der Kommission geforderte Veränderung in einem neuen Paragrafen 24 UStG in Gesetzesform gegossen ist.
"Aktuell deutet sich nach jahrelangen Verhandlungen mit der EU-Kommission ein Kompromiss an."
Aktuell deutet sich nach jahrelangen Verhandlungen mit der EU-Kommission ein Kompromiss an. Das heißt, es wird die Durchschnittssatz-Besteuerung nach Paragraf 24 des UStG weiterhin geben, jedoch ein Stück weit mit Einschränkungen.
Mit einem solchen Kompromiss kann dann das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingestellt werden, sobald das neue Umsatzsteuer-Gesetz mit den entsprechenden Änderungen in Deutschland ratifiziert ist. Somit könnte für ein Großteil der Landwirte diese Versteuerungsart auch in der Zukunft angewendet werden.
BWagrar: Wie unterstützt der Bauernverband die Bemühungen um eine Lösung und was erwartet er von einem Kompromiss?
"Wir setzen auf die Durchschnittssatz-Besteuerung in veränderter Form. Ziel ist die Rettung des Paragrafen 24 UStG."
Knäuer: Wir setzen auf die Durchschnittssatz-Besteuerung in veränderter Form. Ziel ist die Rettung des Paragrafen 24 UStG.
Wir haben Zahlen und Datenmaterialien, die zeigen, wie die Anwendung tatsächlich bei den Landwirten erfolgt. Und die auch der EU-Kommission in Brüssel zeigen, dass die Durchschnittssatz-Besteuerung bisher korrekt und sauber läuft. Wir haben damit erreicht, dass es in Brüssel nun klar ist, wie sich die Vorgehensweise in der Praxis tatsächlich gestaltet. Bisher waren die Vorstellungen in der Kommission zu sehr vom Schreibtisch aus geprägt.
BWagrar: Wie könnte zukünftig die Durchschnittssatz-Besteuerung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe aussehen?
"Der Paragraf 24 UStG wird nur noch von Landwirten bis zu einem Umsatz von 600.000 Euro angewendet werden dürfen."
Knäuer: Es ist jetzt bereits relativ sicher, dass sich die Verhandlungsführer auf Eckpunkte verständigt haben. Der Paragraf 24 UStG wird nur noch von Landwirten bis zu einem Umsatz von 600.000 Euro angewendet werden dürfen. Zwingend dürfte diese Änderung zum 1. Januar 2022 erfolgen.
Die detaillierten Regelungen im Paragraf 24 UStG mit den einzelnen Anwendungsklauseln werden momentan in den Gesprächen formuliert und danach im Gesetzgebungsverfahren verabschiedet.
Autor: Andreas Knäuer, Geschäftsführer der Buchstelle LBV GmbH; Heiner Krehl