Waldbau
Gesamtkonzeption Waldnaturschutz kommt
Die Naturschutzstrategie Baden-Württemberg bildet den Rahmen für den Waldnaturschutz. Ziel ist es, den schleichenden Verlust der biologischen Vielfalt bis 2020 zu stoppen und eine positive Entwicklung bis 2050 einzuleiten. Diese Schlüsselrolle greift ForstBW auf der Basis bisher erbrachter ökologischer Leistungen der Waldwirtschaft auf.
„Damit dies gelingt, müssen wir im Wald zielgerichtet vorgehen. Wir gestalten die Waldwirtschaft naturverträglich, klimaneutral und fördernd für die Biodiversität. Dabei werden wir entsprechend der nationalen Biodiversitätsstrategie den Anteil der Wälder mit natürlicher Waldentwicklung im Staatswald bis 2020 auf zehn Prozent der Fläche erhöhen“, sagte der baden-württembergische Landesforstpräsident Max Reger am 13. Juli in Karlsruhe. „Basis der Konzeption sind zehn Naturschutzziele. Sie sind so angelegt, dass sich einzelne Elemente für eine Übertragung auf den Kommunal- und den Privatwald eignen“, ergänzte Reger. Die Umsetzung finde in enger Abstimmung mit der Naturschutzverwaltung statt.
Entwicklungsprozess
„Seit dem Jahr 2011 hat der Landesbetrieb ForstBW in einem partizipativen Prozess die Gesamtkonzeption Waldnaturschutz ausgearbeitet. Die Entwicklung der Gesamtkonzeption erfolgte durch eine Arbeitsgruppe bestehend aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Praktikerinnen und Praktikern aus den Bereichen Naturschutz und der Forstwirtschaft. Außerdem haben wir die Öffentlichkeit durch einen breiten Beteiligungsprozess eingebunden. Hierfür fand eine im Bereich Forst und Naturschutz in der Bundesrepublik bisher einmalige Online-Beteiligung statt, bei der sich 8000 interessierte Bürgerinnen und Bürger eingebracht haben“, erläuterte der Landesforstpräsident. Besonders hervorzuheben sei, dass in Anlehnung an das erfolgreiche Alt- und Totholzkonzept ein weiteres Konzept für Arten in lichten und hellen Wäldern entstehe. „Damit schaffen wir für über 90 Prozent aller im Wald lebenden Arten günstige Bedingungen und sichern damit wertvolle Lebensräume“, sagte Max Reger. Die Umsetzung der Gesamtkonzeption werde vollständig aus Mitteln des Landesbetriebes ForstBW finanziert. Die Kosten hierfür lägen bis 2020 bei 1,035 Mio. Euro pro Jahr.
Die Voraussetzungen für einen ökologisch hochwertigen Waldbau seien in Baden-Württemberg gegeben. Seit über 30 Jahren werde im Land das Konzept der naturnahen Waldwirtschaft umgesetzt. Heute seien rund 51 Prozent der Wälder in Baden-Württemberg naturnah und sehr naturnah. Das sei der höchste Wert im Bundesgebiet. Daneben würden die Wälder fast vollständig natürlich verjüngt, die Bestände würden älter und reicher an Strukturelementen und der Totholzvorrat sei mit rund 29 Kubikmeter je Hektar ebenfalls spitze. „Die Inhalte der Gesamtkonzeption sind langfristig angelegt. Die Veränderlichkeit einzelner Inhalte erfordert jedoch eine periodische Evaluation. Eine solche Evaluation wird Grundlage für die vorgesehene Weiterentwicklung der Gesamtkonzeption nach 2020 sein“, sagte Reger abschließend.
Zehn Waldschutzziele
In der "Gesamtkonzeption Waldnaturschutz ForstBW" sind die zehn Waldnatur-schutzziele ausführlich dargestellt:
- Die Ziele 1 und 2 betreffen den Waldbau, mit dem Erhalt regionaler, naturnaher Waldgesellschaften und der Sicherung der Beteiligung der Lichtbaumarten an der Baumartenzusammensetzung.
- Die Ziele 3, 4 und 5 richten sich auf ausgewählte Lebensräume lichter Wälder, historische Waldnutzungsformen und Wälder nasser Standorte wie Auen und Moore.
- Die Ziele 6 und 7 beziehen sich auf den Artenschutz und die Entwicklung eines Arteninformations- und Monitoringsystem für Waldzielarten.
- Ziel 8 greift den Prozessschutz und die Einrichtung von Prozessschutzflächen auf 10 Prozent der Staatswaldfläche auf.
- Ziel 9 enthält Schwerpunkte für eine praxisbezogene Erforschung von Waldnaturschutzthemen.
- Ziel 10 geht schließlich darauf ein, wie die Kommunikation von Zielen und Ergebnissen des Waldnaturschutzes innerhalb und außerhalb von ForstBW in Zukunft am besten gestaltet werden kann.
Forstkammer: nichts Neues
Die Forstkammer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass im Privat- und Kommunalwald bereits heute viel für die Natur getan wird. „Ökologie im Wald ist nichts Neues für uns, die privaten und kommunalen Forstbetriebe in Baden-Württemberg leisten seit Jahren auf freiwilliger Basis einen hohen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität“, betont Jerg Hilt, Geschäftsführer der Forstkammer Baden-Württemberg.
Zahlreiche Beispiele können hierfür genannt werden. Neben der Stadt Baden-Baden mit eigenen Flächen im Nationalpark Schwarzwald und der Stadt Heidelberg, die sowohl gemäß den Kriterien von PEFC und FSC zertifiziert ist, finden sich auch viele kleine und große private Forstbetriebe wie beispielweise die fürstliche Forstverwaltung Hohenlohe-Waldenburg oder die Wälder des Freiherrn von Bodman, die nachweislich den Schutz von Biotopbäumen oder hohe Totholzanteile in ihre Bewirtschaftung integrieren. „Ein millionenschweres Gesamtkonzept Naturschutz ist im Privat- und Kommunalwald bei einer durchschnittlichen Fläche von zwei Hektar und 230.000 einzelnen Waldbesitzern natürlich nicht denkbar“, erklärt Hilt hierzu, „deshalb werden die vielen Leistungen der einzelnen Waldbesitzenden auf kleiner Fläche manchmal übersehen.“
Mit der Vielfalt der Waldbesitzenden kommen auch ganz vielfältige Ziele zum tragen: „Wir haben Mitglieder, die sind stolz auf ihre alten Eichenbestände, andere produzieren starke Fichtenstämme für den ökologischen Hausbau“, so Hilt, „das Schöne ist, dass wir das Eine tun können, ohne das Andere zu lassen, denn so leisten alle Wälder einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit und damit zum Natur- und Klimaschutz. Die Produktion der natürlichen Ressource Holz ist aus diesem Grund eine gesellschaftlich unverzichtbare Leistung des Waldes und bildet einen wichtigen Baustein der Energiewende.