Rukwied zur beendeten Sondierung
Stabile Bundesregierung angemahnt
Blaubeuren (Alb-Donau-Kreis), 12. Januar 2018
Landwirtschaft ist eine Zukunftsbranche
Rukwied betont beim Bauerntag in Blaubeuren: „Nur wenn wir mit der Zeit gehen, sind wir zukunftsfähig“. Moderne Landwirtschaft sei unter anderem innovativ, nachhaltig, ressourceneffizient und ideologiefrei. Zudem habe sie das Ziel, sich in ihren Natur- und Ertragsleistungen weiter zu verbessern. Das gelte für alle Betriebsrichtungen, ob konventionell und ökologisch.
„Landwirtschaft ist eine Zukunftsbranche.“ Diese Botschaft zu setzen, sei besonders an junge Leute und in die Gesellschaft hinein wichtig.
Klare Botschaft nach Berlin
Vor der Entscheidung, ob nach erfolgter Sondierung Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD aufgenommen werden, sendet der Bauernpräsident klare Signale nach Berlin. Er wiederholt seine Forderung nach einem eigenständigen Landwirtschaftsministerium, welches zusätzlich die Kompetenz für Digitalisierung erhält.
Eine stabile Bundesregierung hält Rukwied für „zwingend notwendig“, nicht nur für Deutschland, sondern auch für Europa. Er verweist auf wichtige in diesem Jahr anstehende Entscheidungen wie die zukünftige Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU, die Aufzählung des mittelfristigen Finanzrahmens durch EU-Kommissar Günther H. Oettinger sowie die praktische Umsetzung der Dünge-Verordnung und Stoffstrombilanz. Wie die Landwirtschaft zukünftig ausgerichtet sein solle, das habe „höchste Priorität“.
Ausgleich für höhere Standards
Die von EU-Agrarkommissar Phil Hogan Ende November 2017 präsentierten Vorstellungen zur zukünftigen Agrarpolitik nennt Rukwied eine „Basis, auf der man aufbauen kann“. Allerdings seien manche Vorschläge noch auszurichten, andere fraglich. Das Bekenntnis Hogans zum Zwei-Säulen-Modell begrüßt der Präsident des Landes- (LBV), des Deutschen (DBV) und des europäischen Bauernverbandes (COPA).
Forderungen, die Erste Säule abzuschaffen, erteilt er eine klare Absage.
- Erstens sei das nicht gerechtfertigt. Denn die zusätzlichen Kosten für die deutschen Landwirte durch Auflagen und höhere Standards beliefen sich auf mehr als fünf Milliarden Euro je Jahr.
- Zweitens würde er es die Landwirte in finanzielle Schwierigkeiten stürzen. Notwendig seien deshalb für alle Mitgliedstaaten in Europa gleiche Grundanforderungen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
Mehr nationale Mittel
Auf den EU-Haushalt wirkt sich der „Brexit“ negativ aus. Laut EU-Kommissar Oettinger hinterlässt der Austritt Großbritanniens aus der EU eine Finanzlücke zwischen zwölf und 14 Milliarden Euro. Oettinger will die Lücke zur Hälfte über zusätzliche Mittel von den Mitgliedstaaten sowie durch Haushaltskürzungen schließen, wovon auch das Agrarbudget betroffen wäre.
Rukwied fordert zusätzliche Haushaltsmittel, um die Praxis-Lücke und die zusätzlichen Aufgaben der EU in der Grenzsicherung und Migration bewältigen zu können. Positiv beurteilt er die Aussage Oettingers, die Agrarpolitik könne „nicht als Steinbruch“ verwendet werden.
Der Brexit hat zudem Auswirkungen auf den Außenhandel Deutschlands. Mit mehr als drei Millionen Euro Agrarexporten je Jahr ist Großbritannien ein wichtiger Absatzmarkt für die deutsche Land- und Ernährungswirtschaft.
Absage an weitere Auflagen
Wegen der starken Abhängigkeit der Landwirtschaft vom Wetter dürfe „nicht alles geregelt und vorgegeben" werden, meint Rukwied. „Wir brauchen in der Praxis Spielraum in der Anwendung, gegebenenfalls auch Ausnahmegenehmigungen, damit Landwirtschaft überhaupt machbar ist“, erteilt er unter Applaus der Zuhörer „jeder weiteren Verschärfung und Auflage" eine klare Absage.
Lernjahr für die Stoffstrombilanz
Kritisch sieht Rukwied die Umsetzung der Dünge-Verordnung. „Wir müssen die Stoffstrombilanz ab diesem Jahr umsetzen. Aber selbst die Behörden wissen nicht wirklich wie!“ Deshalb fordert der Bauernpräsident: „2018 muss ein Lernjahr in Sachen Stoffstrombilanz sein, um Erfahrungen für die Jahre 2019 und 2020 zu sammeln!“
Kernmarkt bleibt Deutschland
75 Prozent der Produktion der deutschen Landwirtschaft werden in Deutschland und 20 Prozent in Europa vermarktet. Lediglich fünf Prozent der Agrarproduktion Deutschlands geht in den Export. Allerdings wachsen die Exportmärkte. Ferner entlasten die Agrarausfuhren den deutschen Markt. Zudem sind die hochwertigen Produkte international gefragt. Deshalb müssten sie auch exportiert werden dürfen, argumentiert Rukwied. Zugleich betont er: „Unser Kernmarkt ist und bleibt Deutschland und dann kommt Europa!“
Von den Erlösen im Lebensmitteleinzelhandel komme zu wenig Wertschöpfung bei dem Bauern an, moniert Rukwied. In keinem anderen Land sei die Marktkonzentration in diesem Handelsbereich so hoch wie in Deutschland. Hier seien Veränderungen notwendig.
Der Präsident spricht zahlreiche weitere brisanten Themen an. So kommt es zu einer lebhaften Diskussion.
Landwirtschaft hat Zukunft
„Landwirtschaft hat Zukunft!", zieht Rukwied das Fazit. „Wir müssen allerdings marktorientiert und effizient aufgestellt sein. Kreativ und innovativ sind wir Landwirte!"
Für die Bauernfamilien will er sich gerne weiter einsetzen. „Wenn wir es gemeinsam tun, können wir die Herausforderungen bestehen und zukunftsorientierte Rahmenbedingungen mitgestalten“, zeigt sich Rukwied überzeugt.
2017 im Zeitraffer
Ernst Buck hatte gleich zu Beginn des Bauerntages in seiner Begrüßung die Bundesparteien sich zu sputen gemahnt, eine neue Bundesregierung zu bilden. Der Kreisvorsitzende ließ das vergangene Jahr 2017 im Zeitraffer Revue passieren und erinnerte unter anderem an die Unbilden des Wettergeschehens. Noch am Tag des Bauerntages steckten an manchen Orten Zuckerrüben im Boden.
Den Minister „beim Wort nehmen"
Buck nimmt Landwirtschaftsminister Peter Hauk „beim Wort" und erwartet „praxisgerechte“ Regeln zur Umsetzung der Dünge-Verordnung. Heftige Kritik übt der Kreisvorsitzende am Gebaren der Landeswasserversorgung. Diese hatte 2017 mehrfach die Landwirtschaft wegen ihren Nitratemissionen im Grundwasser kritisiert. Sie hatte dabei weniger zwischen der Komplexität der Ursachen und den im Landesdurchschnitt festzustellenden Fortschritten bei der Senkung der Nitratwerte differenziert.
Hinsichtlich der Umsetzung der seit Beginn des neuen Jahres in Kraft getretenen Stoffstrombilanz „kann sich" Buck „nur Präsident Rukwied anschließen“. Der Kreisvorsitzende unterstreicht die Forderung des Bauernpräsidenten, 2018 als „Versuchsjahr" zu nehmen, um Erfahrungen für die Folgejahre zu sammeln.
Autor: hk