Bauerntag in Hechingen

Erzeugung akut gefährdet


"Unterstützen Sie uns Bauern und das Metzgerhandwerk“, appellierte Alexander Schäfer, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Zollernalb, an die zahlreichen Gäste und Mitglieder. Professor Dr. Enno Bahrs, Leiter des Instituts für Landwirtschaftliche Betriebslehre, Universität Hohenheim, sprach den Landwirten Mut zu. Er sieht trotz der aktuell schwierigen Bedingungen gute Entwicklungsperspektiven.


Im Amt bestätigt: Alexander Schäfer (l.) wurde für weitere drei Jahre als KBV-Vorsitzender Zollernalb gewählt. Zur Wahl gratulierten unter vielen anderen Waltraud Kostanzer, Landfrauenvorsitzende Zollernalb, Christian Reutter, Vorsitzender KBV Tübingen und Prof. Enno Bahrs (r.), Uni Hohenheim.
Unterstützen Sie uns Bauern und das Metzgerhandwerk“, appellierte Alexander Schäfer, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Zollernalb, an die zahlreichen Gäste und Mitglieder.
Gemeinsam gegen Dumping-Preise: Die landesweite Aktion „Wurst nicht zu jedem Preis“ stieß auch in Hechingen auf viel Beachtung.

Die katastrophalen Preise für Agrarrohstoffe, allen voran für die Schlachtschweine und Ferkel, waren eines der Top-Themen beim Bauerntag am 16. Januar in Hechingen. Schon am Eingang zum Bauerntag verkauften Schweinehalter Grillwürste für 12 Cent. Die landesweite Aktion „Wurst nicht zu jedem Preis“ wird gut angenommen, hieß es. Mittlerweile gibt es in den Kreisen Zollernalb und Tübingen nur noch 33 schweinehaltene Betriebe. „Bei uns vor der Haustür brechen die Märkte weg“, berichtete Alexander Schäfer. Immer mehr Fleisch und Wurst laufe über die Kassenbänder der Discounter und Großverteiler. Schäfer sprach sich für eine Stärkung der regionalen Wertschöpfungskette aus, für eine Aufhebung des russischen Importstopps und für eine deutsche Exportoffensive für Agrarprodukte.

Große Vielfalt in der Region
Christian Reutter, Kreisvorsitzender vom KBV-Tübingen, dankte allen Metzgerbetrieben, die derzeit deutlich über der aktuellen „Armutsnotierung“ auszahlen. Er verwies auf die große Vielfalt der Agrarprodukte und der Landschaften in der Region. Die Topografie reicht von 300 bis über 1000 Höhenmeter. „Wir haben hier fast alles, außer viel Einkommen“, so Reutter.

Gemeinsam besser werden
„Süddeutsche Betriebe können außerordentlich wettbewerbsfähig sein, aber sie müssen mehr an der Strategie der Erlösmaximierung arbeiten – Hand in Hand mit der gesamten Wertschöpfungskette“, empfahl Enno Bahrs. Der Erfolg eines Betriebes ist hochgradig individuell. Patentrezepte gibt es keine.

Krisenfest und stabil
Die Betriebe an der Schwäbischen Alb, dem Neckar und der Donau zeichnen sich durch ihre hohe Stabilität aus. Sie sind deutlich krisenfester als Betriebe andernorts. Das liegt zum einen an dem hohen Anteil an Nebenwerwerbsbetrieben, was zwar den durchschnittlichen Gewinn der baden-württembergischen Landwirte in der bundesweiten Statistik nach unten zieht, aber zu einem gesunden und attraktiven Landleben beiträgt. Zum anderen werden die eingesetzen Faktoren (Arbeit, Boden und Kapital) nach wie vor angemessen entlohnt. „Die Nettorentabilität ist gut“, so Bahrs. Problem seien die Preisschwankungen an den Agrarmärkten, mit denen man lernen müsse umzugehen. Intensiv-Betriebe in anderen Regionen werden viel härter getroffen, wenn die Preise fallen. „Die fahren ein verdammt hohes Riskio“, so Bahrs.
 
Flächenverbrauch muss gebremst werden
Europaweit und global gesehen sei das Ertragsniveau auf den Keuperböden am Fuße der Schwäbsichen Alb sehr gut. „Wir sind ein Hochertragsland. Da stimmt es mich traurig, wenn so viel wertvolle Fläche verbaut wird,“ so Bahrs. Für ihn sei dieser Flächenfraß ein absolutes „No-Go“. Um die Landwirte nicht weiter einzuschränken, sei es auch wichtig, nicht noch mehr Naturschutzflächen auszuweisen. Zuletzt wurden im Zollernalbkreis 2014 weitere Flächen als FFH-Wiesen kartiert. Das sind Mähwiesen, die von den Landwirten gepflegt werden müssen.

Solide Bodenpreispolitik und technikfreundlich
Vorbildlich seien die baden-württembergischen Betriebe in ihrer Bodenpreispolitik. „Sie haushalten gut, was ich für andere Regionen in Deutschland nicht unterstreichen würde“, meinte Bahrs mit Blick auf explodierende Boden- und Pachtpreise in Ostdeutschland. Klar sei auch: Hangneigung, kleine Parzellen, zum Teil schlechte Böden oder weite Anfahrtswege zu den Feldern treiben die Produktionkosten nach oben. Diese Nachteile seien jedoch nicht in Stein gemeißelt. Sie könnten sich künftig durchaus verkleineren, je nach dem wie sich der technische Fortschritt entwickelt. Bahrs sprach zum Beispiel von einem neuen Roboter, mitentwickelt von der Firma Bosch, der Unkräuter selektiv ausschaltet und so den Einsatz von chemischem Pflanzenschutz überflüssig machen soll. „Wir sind technikfreundlich. Deshalb bin ich zuversichtlich für Baden-Württemberg“, so Bahrs. Und: „Technischer Fortschritt ist superwichtig und eine Zauberformel. Er macht Landwirtschaft ungemein dynamisch.“

Starke Kaufkraft im Land
Vom Markt her gesehen, seien die Nettoeinkommen in Süddeutschland hoch – nicht nur in den Großstädten Stuttgart und München, sondern auch auf dem Land. Umso mehr müsse es darum gehen, die Wertschöpfungsketten weiter auszubauen und den Anteil regionaler Produkte aktiv zu erhöhen. „Sie dürfen nicht warten, bis die Nachfrage da ist, sondern müssen selber Nachfrage schaffen“, so Bahrs. In Österreich sei man hier schon weiter. Dort gibt es selbst in den Discountern mehr Produkte aus der Region.  
Bahrs regte an, noch mehr auf die Kunden zuzugehen. Die Wähler der Grünen zum Beispiel geben einen überdurchschnittlichen Teil ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus. „Nutzen Sie das. Sehen Sie die Chancen und nicht nur die Probleme“, so Bahrs. Auch gegenüber den Discountern fordert Bahrs eine differenzierte Betrachtung. „Schimpfen Sie nicht immer auf die Aldis und Lidls. Die haben Sie wettbewerbsfähig gemacht. Deswegen sind wir in der Lage, am Weltmarkt zu partizipieren“, so Bahrs. Aldi-Süd zum Beispiel expandiere gerade stark in Australien, mit vielen deutschen Produkten im Regal. „So schlecht können unsere Produkte also nicht sein“, meinte Bahrs. Er warnte vor einer Überalterung der Bevölkerung auf den Dörfern: „Das darf nicht passieren. Dann sind wir nicht mehr wettbewerbsfähig.“ Gefragt sei eine starke Nachfolgegeneration. Die Landwirtschaft habe trotz aller Schwierigkeiten jede Menge tolle Facetten. „Begeistern Sie Ihre Kinder“, gab Bahrs den Zuhöhrern mit auf den Weg.


Ehrungen und Geschäftsbetrieb: Über die Kreisgeschäftstelle der beiden Bauernverbände Zollernalb und Tübingen in Hechningen werden rund 1500 Mitglieder betreut. Seit Jahresbeginn mit im Team ist die studierte Agrarwirtschafterin und gelernte Steuerfachfrau Caroline Sauer. Juristische Unterstützung gibt es von Mathias Linsenmann, Geschäftsführer beim KBV-Rottweil/Tuttlingen.

Für ihren Einsatz in der Gläsernen Produktion wurden die Familie Kasch, Kusterdingen-Mähringen und Familie Roth, Albstadt-Peffingen, geehrt. Glückwünsche und ein Buchgeschenk für den Berufsabschluss Landwirt erhielten Rüdiger Bechtle, Tübingen-Waldhausen; Moritz Zimmermann, Bodelshausen; Marc Kemmler, Kusterdingen-Wankheim; Robert Lang, Rottenburg; Martin Hauser, Burladingen; Stefan Rapp, Winterlingen-Harthausen; Stefan Schnitzler, Geislingen; Johannes Strobel, Balingen-Weilstetten; Stefan Bogenschütz, Bisingen-Zimmern; Lucas Hipp, Burladingen-Ringingen und Martin Leibold, Meßstetten-Heinstetten.
Frischgebackener Techniker für Landbau ist Christoph Maier, Neustetten-Wolfenhausen. Den Bachelor Agrarwirtschaft halten Steffen Eissler, Mössingen-Talheim und Tobias Kostanzer, Bisingen, in ihren Händen. Zehn Jahre erfolgreiche Ortsobmänner sind Michael Schneider, Albstadt-Margrethausen und Peter Straubinger, Burladingen-Salmendingen.


 



Autor: bor



 

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