Bauerntag Rottweil/Tuttlingen
Mehr Vernunft und Augenmaß gefragt
Vor über 200 Besuchern prangerte Haas an, dass die Landwirtschaft ganz offensichtlich immer weniger als wichtiger Teil der deutschen Wirtschaft gesehen werde, obwohl jeder achte Arbeitsplatz von ihr abhänge. Anders ließen sich Aussagen der Bundesregierung zu Beginn des Russland-Handelsembargos nicht interpretieren, wonach daraus keine negativen Auswirkungen für die deutsche Wirtschaft erwachsen würden. Für manche Industriebereiche, etwa für die Autoindustrie möge das zutreffen, die Bauern aber bekämen die Auswirkungen hingegen voll zu spüren.
Ruinöse Preise
Das Zusammenbrechen der Märkte habe vor allem Milchvieh- und Schweinehalter hart getroffen. Vielfach reichten die Einkünfte nicht mehr zum Bezahlen der laufenden Rechnungen. Da helfe es zwar, dass die Bundesregierung für das laufende Jahr zusätzlich 80 Millionen Euro für die landwirtschaftliche Unfallversicherung bereitstelle, gleichwohl bräuchten die Betriebe dringend die Möglichkeit zur Bildung einer steuerfreien Risikoausgleichsrücklage, forderte Haas.
Verärgert zeigte sich Haas darüber, dass die Betriebsprämie nicht per 31. Dezember als Stichtag der Betriebsbonitierung auf den Höfen eingegangen war, sondern erst Anfang Januar. „Wir müssen uns auch an Stichtage halten und da dürfen wir Bauern auch eine zeitnahe und korrekte Bearbeitung unserer Anträge erwarten“, kritisierte der Vorsitzende in Richtung Landesverwaltung. Dabei sei man in den Kreise Rottweil und Tuttlingen mit einer weit über dem Landesmittel liegenden Auszahlungsquote per Ende Dezember noch vergleichsweise gut dran gewesen.
Pseudofachkundige Gesellschaft
Ein weiteres Indiz für die verzerrte Wahrnehmung der Landwirtschaft in der Gesellschaft sind für Haas Äußerungen vom Fraktionschef der Bundes-SPD, Thomas Oppermann. Dieser habe passend zur Prämienauszahlung angeregt, die Gelder künftig für andere Zwecke zu verwenden. Das mache genauso betroffen wie die Forderung mehrere CDU-Bundestagsabgeordneten, einen Sachkundenachweis für das in Ställen arbeitende Personal zu fordern. „Was müssen wir uns denn noch alles gefallen lassen?“, schimpfte Hass unter dem Beifall der Versammlung. „Inzwischen gibt es mehr Pseudofachkundige um uns herum, die alles besser als wir Landwirte wissen!“
Als typisch deutsches Politikverhalten bezeichnete Haas die Umsetzung von EU-Vorgaben, etwa bei der Ferkelkastration. Während hierzulande gleich ein Verbotsgesetz daraus gemacht wurde, hätten Länder wie Holland und Dänemark lediglich eine Absichtserklärung abgegeben. Ähnlich verlaufe die Diskussion um die NEC-Richtlinie zur Verringerung von Ammoniak- und Methanausstößen. „Andere machen da wieder viel weniger als wir“, seine Kritik und sein Wunsch: „Hoffentlich kehrt bei den politisch Verantwortlichen wieder Vernunft ein!“ Wie es diesbezüglich bei den Kandidaten zur Landtagswahl bestellt ist, lotete eine lebhafte Podiumsdiskussion aus, bei der allerdings krankheits- und terminbedingt die SPD-Kandidaten fehlten.
Autor: nb