Ipfmesse Bopfingen

Dem Veganismus den Heiligenschein genommen


„Wir haben es heute mit Religionen zu tun, die scheinbar Ökologie, Gesundheit und Moral für sich gepachtet haben“, formuliert spitz der Lebensmittelchemiker und Buchautor Udo Pollmer den Wandel in den Diskussionen um gesunde Ernährung und die Landwirtschaft. Bei der Bauernkundgebung zur Ipfmesse in Bopfingen hat er den Landwirten Argumente an die Hand gegeben, um – wie er sagte – „den  Gläubigen des Veganismus, des Tier- und Umweltschutzes und des Klimawandels 'den Heiligenschein' zu nehmen“.


Begeisterte mit seiner Kritik und Sicht der Dinge die Besucher der Bauerkundgebung: Udo Pollmer im Festzelt „Zum Senz“ auf der Bopfinger Ipfmesse.
Die Bauernkundgebung auf der Bopfinger Ipfmesse führt alljährliche Jung und Alt, Landwirte und Verbraucher zusammen.
Udo Pollmer (l.) rief auf der Ipfmesse zur gezielten Öffentlichkeitsarbeit der Landwirtschaft für Junge auf und zerpflückte manche Fehlinformationen von Veganer-Propagandisten, Tier-, Umwelt- und Klimaschützern. Rechts Hubert Kucher, Chef des Bauernverban

„Sie kommen daher, als ob sie Ökologie, Moral und Gesundheit für sich gepachtet hätten“, attackiert der Gastredner diese ‚Religionen‘ wie gewohnt provokant und zum Teil mit beißender Ironie. Gefährlich werde es, wenn er von solchen Gruppierungen regelmäßig Morddrohungen erhält – wie inzwischen auch mancher Tierhalter.
Pollmer forderte insbesondere die Fleischbranche auf, sich gegen ungeheuerliche Vorwürfe über nicht ordnungsgemäße Schlachtungen zu wehren. Irgendwo in Rumänien gedrehte Filme gegen Bezahlung einer Art Monatslohn von 50 Euro bezeichnete er als Propagandamittel, um hierzulande neue Spendenmillionen zu generieren.

Es geht um die Herrschaft „grüner Generalgouvernanten“

Es habe nichts mit Tierschutz zu tun, wenn um zwei Millimeter Spaltenbreite mehr oder weniger diskutiert wird. Pollmer weiß es besser: „Es geht darum, Kapital aus den Betrieben herauszuziehen, um deren wirtschaftliche Freiheit einzuschränken und sie zu kontrolliere. Damit nicht mehr der Landwirt Herr auf dem Betrieb ist, sondern grüne Generalgouvernanten“. Stürmischer Beifall im bis auf den letzten Platz besetzten Festzelt macht deutlich, dass Udo Pollmer mit seinen Aussagen manchem Bauern und mancher Bäuerin aus dem Herzen spricht.

Öffentlichkeitsarbeit muss vor allem Junge erreichen

Er wiederlegt die These, nach der alle satt würden, wenn sich die Menschheit vegan ernähren würde. Nach Zahlen der Welternährungsorganisation FAO eignen sich weltweit 64 Prozent des Ackerlandes nur zur Haltung von Tieren. Allein mit dieser Zahl könne man den ganzen Veganismus als Marotte abtun. Doch müsse vor allem jungen Menschen alles „ruhig und gelassen“ erklärt werden, räumte Pollmer ein. Um sie vom Glauben abzubringen, dass „Ananas und Brotweizen auch auf Almen wachsen können“, ist Überzeugungsarbeit nötig. Dazu ist es erforderlich, die Öffentlichkeitsarbeit der Landwirtschaft so zu gestalten, dass sie die unter Vierzigjährigen erreicht.
Wenn die Leute den Unterschied zwischen Brot- und Futterweizen kennen würden und wüssten, dass Deutschland 75 Prozent der Futtermittel aus Heu, Gras- und Maissilage bestehen, dann könnten sie verstehen, dass etwas nicht stimmen kann mit der Behauptung „für ein Kilo Rindfleisch würden zehn Kilo Getreide gebraucht“. Laut Agrarstatistik entfallen lediglich 2,2 Prozent aller Futtermittel auf Soja. „Vieles löst sich von selber“, so Pollmer, „wenn dazu gesagt wird, dass die Tiere keinen frischen Soja, sondern Expeller bekommen.“ Doch selbst wenn eine Schülerzeitschrift davon berichten wollte, fehlten ihr im Internet die entsprechenden Bilder von Soja-Expellern, kritisiert Pollmer den Mangel. Genauso falsch sind dubiose Berechnungen, nach denen 15.000 Liter Wasser für ein Kilo Rindfleisch benötigt werden.

Vorwurf an die Ernährungsberatung

Die seit langem anhaltende Propaganda, wonach all die Lebensmittel gefährlich sein sollen, welche die Landwirte täglich erzeugen, zeigt in der Bevölkerung Wirkung. Pollmer warf der Ernährungsberatung vor, den „ganzen Teufelskreis“ angezettelt zu haben. Die Hausfrau schreckt vor der Fleischtheke zurück und kauft für die „letzten Unbelehrbaren in der Familie“ nur noch die billigste Wurst. Das eingesparte Geld wird für den teuren Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln, von Vitaminpillen und Mineralstoffen verwendet, weiß Pollmer aus Untersuchungen. Er warnt: „Jede Dose Vitamine ist eine Erklärung des verunsicherten Verbrauchers: Die Nahrung, die wir kaufen, ist zu schlecht.“
Deshalb bedarf es Mittel und Wege, um den Menschen zu erklären, dass zum Beispiel Milchfett nicht krank macht. Im Grunde sei es ganz simpel: „Weil wir Säugetiere in der Evolution weit von den Lurchen fortgeschritten sind, musste die Milch von der Natur erfunden werden. Eine Neuentwicklungen, die es so nicht gäbe, wenn wir mit den alten Fischfetten zurechtgekommen wären.“

Landwirte gegenüber Veränderungen offen

Der Vorsitzende des Bauernverbandes Ostalb, Hubert Kucher, erinnerte an das Motto des jüngsten Deutschen Bauerntags in Erfurt: „Veränderung gestalten“. Dies zeige, dass Landwirte immer bereit waren, Veränderungen anzunehmen. „Dies werden wir auch in Zukunft tun. Wir wollen nicht, dass man über uns spricht. Wir wollen, dass man mit uns spricht“, signalisiert der Bauernverbandschef Offenheit.
„Wer mit uns redet, bekommt fachliche Argumente und keine ‚ideologischen Hirngespinste‘. Wir brauchen keine Gesetze, die uns sagen, wie Tierhaltung und Pflanzenbau richtig gehen.“ Wenn Landwirte nach Schule und Praxiserfahrung „einen Schein“ machen müssen, um Tier zu transportieren und Pflanzenschutzmittel anwenden zu dürfen, komme ihm das wie Hohn vor, wetterte Kucher.
„Wie sind es, die für Naturschutz und Tierwohl sorgen. Weil dies seit Generationen die Existenz der Bauern ist“, stellt der Milchbauer aus Ellwangen-Schrezheim klar. Zur Rechenschaft gezogen gehörten jene Kriminellen, die nachts in Ställe einbrechen und in Kauf nehmen, dass dabei Tiere umkommen. Ihnen spricht Kucher jegliches Recht ab, sich für Tierwohl einzusetzen. Vielmehr bedeute jeder neue Stall mehr Tierwohl, „man muss ihn uns nur bauen lassen“.

Gesellschaftlicher Widerspruch

Kucher verwies auf die Widersprüchlichkeiten, wenn hier Greening, Flächenstilllegung, Produktionsbeschränkungen, weniger Tierhaltung und die Kontrolle des letzten Quadratmeters Feldfläche verlangt werden und über die Anzahl der benötigten Biber diskutiert wird , während anderswo Menschen verhungern. Wie krank muss eine Gesellschaft sein, die Tiere über den Menschen stellt und dessen Gesundheit hinten anstellt, fragte Kucher. Ihm müsse keine vorschreiben, ob er Fleisch essen soll oder nicht. Das soll jeder selbst entscheiden. Für ihn sei jedoch der „absolute Gipfel“, dass „fleischlose“ vegetarische Lebensmittel auch noch nach Fleisch schmecken sollen.



Autor: Gerhard Bernauer



 

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