LBV-Unternehmertag

Wie sicher sind meine Daten?


Datenhoheit und Datensicherheit standen im Mittelpunkt der abschließenden Podiumsdiskussion beim LBV-Unternehmertag am Freitag, den 23. Februar 2018 in Stuttgart. Die Teilnehmer waren sich darin einig, dass trotz offener Fragen und bestehender Risiken die Landwirte der Digitalisierung ihrer Arbeitswelt offen gegenüberstehen und sie aktiv in ihren Sinne gestalten sollten.


Die gläserne Gesellschaft, der gläserne Betrieb: Im Forum III diskutierte Ralf Stephan (rechts), Chefredakteur von Land & Forst, mit (von links) Klaus-Herbert Rolf, Leiter Sales und Marketing bei 365FarmNet Group; Oliver Martin, Ackerbauer im Kraichtal; Dirk Lützelberger, IT-Experte für Datensicherheit bei der Firma NXP Semiconductors; Professor Dr. Ines Härtel, Juristin und Expertin für Datenschutz und Ulrich Wagner, geschäftsführender Gesellschafter der Wimex-Gruppe.

Über das „Verschwinden der Geheimnisse und den gläsernen Betrieb im Zuge zunehmender Digitalisierung“ diskutierte zum Abschluss des LBV-Unternehmertages eine Expertenrunde unter der Gesprächsleitung von Ralf Stephan, Chefredakteur von Land&Forst, mit dem Publikum in der Stuttgarter Messehalle.

Eigentumsrecht an Daten ist unvollständig

Nach Aussage von Professor Dr. Ines Härtel, Juristin und Expertin für Datenschutz, gibt es derzeit kein umfassendes Eigentumsrecht an den eigenen Daten. Zwar werde die für Mai angekündigte europäische Datenschutz-Grundverordnung personenbezogene Daten umfassend schützen. Betriebliche Daten seien jedoch von diesen Regelungen ausgenommen. Sie müssten in privatrechtlichen Vereinbarungen, zum Beispiel mit Landtechnik-Herstellern, Lohnunternehmen oder anderen betrieblichen Dienstleistern, individuell geregelt werden. Die nächste Bundesregierung, so stehe es im ausgehandelten Koalitionsvertrag, wolle gesetzliche Vorgaben für den Bereich des Dateneigentums prüfen.

Die Land- und Ernährungswirtschaft sieht Prof. Härtel aufgrund ihrer hohen Verantwortung als besondere Branche, die für die Datensicherheit speziell zugeschnittene Lösungen benötige. Diese Lösungen müssten für Unternehmensdaten von Landwirten andere sein als beispielsweise für die Rückverfolgbarkeit in der Handelskette. Vor dem Gesetzgeber sei zunächst einmal die Branche selbst gefordert, einen Konsens zwischen Transparenz und notwendigem Schutzniveau zu finden.

Ein Staatsminister für Digitales

Die Hochschullehrerin forderte einen rascheren Ausbau des schnellen Internets im ländlichen Raum und eine besondere Berücksichtigung der Bedürfnisse der Landwirtschaft im Zuge der Digitalisierung. Koordiniert werden sollten diese Aufgaben in herausgehobener Position etwa durch einen Staatsminister für die Digitalisierung, angesiedelt beim Kanzleramt. Viel Applaus erhielt sie für ihre abschließende Forderung: „Digitales auf dem Land braucht Datenrecht in Bauernhand“.

Dirk Lützelberger, IT-Experte für Datensicherheit bei der Firma NXP Semiconductors, hält regelmäßig Schulungen, um das Sicherheitsbewusstsein von Mitarbeitern zu schärfen. Er forderte die Landwirte auf, sich den Herausforderungen von Digitalisierung und Landwirtschaft 4.0 zu stellen und sich in punkto Risiken, Datensicherheit und Datenstandardisierung Spezialisten wie seinem Unternehmen anzuvertrauen.

Die Verantwortung liegt beim Landwirt

Ohne die Unterstützung solcher Spezialisten könnten Landwirte keinen umfassenden Überblick über ihre Daten behalten und den Datenfluss nicht kontrollieren. Daten seien die Währung des 21. Jahrhunderts und viele versuchten, die Kontrolle über die zu erhalten. Die Entscheidung über Verwendung und Preisgabe von Daten müsse immer vom Landwirt getroffen werden, betonte Lützelberger. Im Zuge der Digitalisierung konkurrierten zwei Geschäftsmodelle. Der Nutzer bezahle entweder mit Geld oder mit seinen Daten. Letzteres sei das Geschäftsmodell von Google und Co., dem er skeptisch gegenüber stehe.

Kompletter Datenschutz ist kaum möglich

Oliver Martin, Ackerbauer im Kraichtal, hat seinen Betrieb mit der Einführung von Ertragspotenzialkarten auf der Basis langjähriger Satellitendaten, mit RTK-Lenksystemen, der Installierung einer Ertragskartierung und Teilflächen spezifischer Bodenbeprobung, die Möglichkeiten der Digitalisierung kontinuierlich ausgebaut. Auch er rief seine Berufskollegen zur Offenheit gegenüber Landwirtschaft 4.0 auf und dazu „sich in kleinen Schritten für die Zukunft zu rüsten“. Gleichzeitig argumentierte er als entschiedener Verfechter der eigenen Datenhoheit. Jeder Landwirte müsse sich dessen bewusst sein, dass es heute effektive Möglichkeiten gibt, sensible Betriebsdaten an- und abzuzapfen.

Wie Klaus-Herbert Rolf, Leiter Sales und Marketing bei 365FFarmNet Group, erklärte, müssen alle Lösungen für Landwirtschaft 4.0 auf der Basis der Bedürfnisse des Landwirts gedacht werden. Weil die Software-Plattform seines Unternehmens alle für die Betriebsführung notwendigen Funktionen abdecke, von der Anbauplanung bis zur Ernte, vom Schlag bis zum Stall und von der Dokumentation bis zur Betriebsanalyse, sei oberste Maxime seines Hauses: „Wir geben keine der uns anvertrauten Daten an Dritte weiter“. Die Technik zur Datensicherung sei zuverlässig, versicherte er, man solle nicht überall nur Risiken sehen.

Wer nicht mitspielt scheidet früher oder später aus

„Digitalisierung annehmen und mitgestalten“ ist auch der Rat von Ulrich Wagner, geschäftsführender Gesellschafter der Wimex-Gruppe, einem Verbund von mehr als 50 Unternehmen der Land- und Ernährungswirtschaft, die neuerdings auch in Firmen mit digitalen Geschäftsmodellen investiert. „Wer nicht mitspielt ist früher oder später raus“, geht seine Warnung noch einen Schritt weiter.

Die Risiken wollte er dabei nicht in Abrede stellen. Sie seien vom einzelnen Landwirt nicht mehr abzuschätzen. Dafür gebe es kompetente Partner, die über die geeignete Technologie verfügten. Wagner: Das standortspezifische Wissen und Können der Landwirte dürfe nicht unkontrolliert über Datenplattformen auf Cloudsystemen für Geschäftsmodelle Dritter dienen, bei denen die Landwirte nicht beteiligt sind.



Autor: ebe



 

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