Bauernverband Ostalb
Start zur Imagekampagne beim Bauerntag
Den Bauerntag des Bauernverbandes Ostalb nahm Landrat Klaus Pavel zum Anlass, um die Imagekampagne 2017 für die Ostalb-Bauern und ihre regionalen Produkte offiziell zu eröffnen. Die gemeinsame Initiative des Bauernverbandes und der Kreisverwaltung, soll den Verbrauchern Vertrauen und Wertschätzung für die Arbeit der Landwirte vermitteln. Letztere sehen sich immer häufiger der Kritik ausgesetzt.
Wie sie damit offensiv umgehen können, damit befasste sich der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes und Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, Werner Schwarz, in seinem Vortrag: „Landwirtschaft in der Kritik, weggucken oder was?“
Mehr Wertschätzung für die Landwirtschaft
In den kommenden Wochen werben Plakate und Banner mit der Aufschrift „Wir ackern für Sie!“ für ein besseres Bild der Bauern. Zudem werden in einer Artikelserie neun landwirtschaftliche Betriebe der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Kampagne will die Konsumenten davon überzeugen, dass die regionale Produktion hochwertiger Lebensmittel zu billigen Weltmarktpreisen nicht machbar ist. Eine funktionierende Landwirtschaft sei für den Ostalbkreis sowohl wirtschaftlich wie auch für die Gestaltung des Lebensraums immens wichtig, betonte Landrat Pavel. Er sieht in der Landwirtschaft mit ihren mehr als 2000 Betrieben, davon 560 Milchviehbetriebe, den 26.000 Milchkühen und den rund 3000 Beschäftigten im Landkreis eine Wirtschaftsmacht. Die Kampagne soll deshalb dem Berufsstand der Landwirte wieder zu der Wahrnehmung verhelfen, die er verdient hat.
Die Verbraucher sollen gegenüber der modernen Landwirtschaft aufgeschlossener werden. „Wir brauchen öffentliche Akzeptanz, um die Zukunftsfähigkeit und Leistungsstärke der Betriebe zu sichern“, sagte Pavel. Für die Kampagne wurde auch das bestehende Regionalvermarktungsportal www.regionalvermarkter-ostalb.de überarbeitet und modernisiert.
Im Unterschied zu anderen Berufsgruppen werden die Belange der Landwirtschaft im Internet und den sozialen Medien öffentlich ausgetragen, sagte Hubert Kucher, Vorsitzender des Bauernverbandes Ostalb. Behauptungen werden oftmals ungeprüft übernommen und weiter verbreitet. „Bis am Schluss etwas zur Wahrheit wird, die keine ist“, kritisiert Kucher. Stimmung gegen die Landwirtschaft werde von ein paar wenigen verbreitet, nicht um der Verbesserung willen, sondern um der negativen Stimmung willen. Damit möglichst viele deren Organisationen unterstützen“, so Kuchers Begründung. Es darf nicht sein, dass man durch Verunglimpfung eines Berufsstandes Spendengelder verdienen kann“, schimpfte Kucher. „Wir Landwirte bleiben nicht stehen. Vielmehr wollen wir uns zum Besten für Natur und Tiere verändern“, argumentierte der Vorsitzende. Er forderte seine Berufskollegen auf, den Verbrauchern die Zusammenhänge zu erklären und daran zu arbeiten, deren Vertrauen zu gewinnen. Dazu seien Partner notwendig. Solche Partner sieht Kucher im Landrat und seinem Team, bei denen er sich für die Unterstützung bei der Imagekampagne bedankte.
Heftige Kritik, weil der Beruf lebenswichtig ist
Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein. Mit großem Unbehagen sieht Werner Schwarz diese alte Tugend abgelöst durch die Ergänzung: Nicht den ersten, sondern die meisten Steine werfen. Frei nach dem Motto: Berge versetzten beginnt mit Steine werfen. Die Heftigkeit der Kritik an der Landwirtschaft habe damit zu tun, dass die Bauern einen Beruf ausüben, der für die Mitbürger lebenswichtig ist. „Deshalb müssen wir uns aktiv und selbstbewusst darstellen“, betont Schwarz. „Wir müssen zeigen, was wir tun, warum wir es tun und wie wir es tun.“ Sonst würden es andere tun, die andere Interessen haben, warnt Schwarz.
Zwischen Verbraucher und Bürger unterscheiden
Schwarz rief dazu auf, sich mehr an den Bürger zu wenden. Die Bauern hätten das Vertrauen des Verbrauchers. Dagegen misstraue ihnen der Bürger umso mehr. Dies führt zu immer schärferen Gesetzen der Politik. Deshalb sollte dem Bürger mehr als bisher Anregung zum selbstständigen Denken gegeben werden, um ihn urteilsfähig zu machen. Als Beispiel nannte Schwarz das jüngste Greenpeace-Modell zur Agrarwende. Weil die Kosten dafür ausdrücklich nicht berücksichtigt sind, müsse dem Verbraucher erklärt werden, weshalb dieser Vorschlag von den Landwirten nicht ernst genommen werden kann.
Elemente glaubwürdiger Kommunikation
Für Schwarz gibt es drei entscheidende Elemente für eine glaubwürdige Kommunikation: Transparenz, Echtheit und Ehrlichkeit. Das Bild der modernen Landwirtschaft werde derzeit aber von den Kritikern gemalt. Sie schaffen aus dem Abbild der Wirklichkeit ein Horrorszenario, das die Verbraucher verunsichert, wirft ihnen Schwarz vor. „Dieses Bild unterscheidet sich massiv von unserem Selbstbild.“
Um glaubwürdig zu sein, müssten auch kritische Themen angesprochen werden. „Wir folgen der Strategie: Machen wir´s gut, dann zeigen wir´s. Machen wir es nicht so gut, dann verändern wir´s“, gab Schwarz die Richtung vor. Insbesondere die Junglandwirte forderte Schwarz auf, mit Selbstbewusstsein durchs Leben zu gehen. Denn sie haben allen Grund dazu, nicht wegzugucken. „Wir wissen, was wir tun, und wir werden gebraucht.“ Der DBV-Vizepräsident ermunterte seine Berufskollegen, diese Botschaft in die Gesellschaft zu tragen. In der Vielzahl der Landwirte sieht er die Chance, Öffentlichkeitsarbeit als „breite Graswurzelbewegung“ zu installieren.
Lokalredakteur Gerold Bauern von der Rems-Zeitung verwies in der Diskussion auf den direkten Zusammenhang zwischen dem guten Image der Bauern und höheren Preisen ihrer Produkte. Wie bei Eiern könne dies auch bei anderen Erzeugnissen funktionieren, zum Beispiel wenn im Supermarkt der Verbraucher „Ostalb-Fleisch“ findet. Um positives Image und Aufmerksamkeit transportieren zu können, bedarf es besonderer Anlässe und Ereignisse sowie einer bildhaften Darstellung. Banner aufhängen sei das eine – lokale Beispiele vor Ort dagegen das andere. Bauer warb für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Presse, „bei der persönliche Kontakte das A und O sind“.
Mehr Einfluss auf die Preisgestaltung landwirtschaftlicher Produkte forderte im Publikum ein Milchviehhalter mit Selbstvermarktung. Nach seiner Erfahrung gehe das Vertrauen der Verbraucher verloren, sobald das Produkt den Hof verlässt. Der Kunde glaubt den Discountern nicht, dass die Ware in neuer Verpackung wirklich aus der Region stammt und will deshalb auch keinen höheren Preis bezahlen, beklagte der Landwirt.
Außer Interesse zu wecken auch noch die Urteilsfähigkeit des Bürgers zu fördern, bezeichnet Schwarz als Riesenaufgabe. Er hält es für schwierig, hier einen Prozentsatz von 30 plus x zu gewinnen. Sehr viele haben ihr Meinungsbild über die Landwirtschaft bereits so fest verankert, dass sie kaum mehr davon abzubringen sind, meint Schwarz. Um Berührungsängste abbauen und frühzeitig aufklären zu können, sieht er in Besuchen von Grundschulklassen auf dem Bauernhof mindestens einmal im Jahr eine wichtige Chance. Dies habe er so mit dem Ministerpräsident von Schleswig-Holstein fest vereinbart.
Überrascht von der Prognose des DBV-Vizepräsidenten zeigte sich im Saal Albrecht Taxis aus Bartholomä-Birkenteich. „Wenn nur noch so wenige Menschen rationalen Argumenten zugänglich sind, dann müssen wir mindestens 20 Jahre warten, bis in Deutschland ein Umdenken stattfindet.“ Taxis bezweifelte, ob die Betriebe solange noch durchhalten.
Autor: Gerhard Bernauer