Frostnacht in Franken und Württemberg
Reben leiden
Die Frostnacht vom 19. auf den 20. April 2017 hat den Reben in Franken und Württemberg erheblich zugesetzt, wie Berater aus den beiden Weinbauregionen nach ersten Eindrücken berichten.
Heinrich Hofmann ist am Morgen des 20. April in den Weinbergen in Sulzfeld am Main unterwegs. Dort hat die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim einen 15-Ar-Versuch mit Heizkerzen angelegt. Auf dem Versuchsfeld fiel die Temperatur bereits gegen 1 Uhr nachts unter Null. Tiefster gemessener Wert waren minus 4,4 Grad. "Das ist eine ausgeprägte Frostlage. Deshalb steht der Versuch auf dieser Fläche", erklärt Experte Hofmann aus der LWG-Abteilung Rebschutz. Die Nebelkerzen erhöhten die Temperatur um 1,6 bis 1,8 Grad. Der Berater geht davon aus, dass die eiskalte nordöstliche Strömung große Bereiche des fränkischen Weinbaugebiets getroffen hat. Endgültige Schadeneinschätzungen sind noch nicht möglich, zumal in der Nacht vom 20. auf den 21. April erneut Frost angekündigt ist.
Erhebliche Schäden an Main, Tauber und Neckar
Roland Zipf ist am Morgen des 20. April in den Weinbauregionen Main-Tauber und Hohenlohe unterwegs. Der Weinbauberater des Landratsamts Bad Mergentheim berichtet von erheblichen Schäden, kann aber zum möglichen Schadenumfang noch keine Aussage treffen. An Main und Tauber sowie in Hohenlohe fielen die Temperaturen teilweise auf minus 5,5 bis minus 6 Grad, teilweise auch "nur minus 2,5 bis minus 3 Grad". Zipf berichtet, dass auch spätere Entwicklungsstadien vom Frost geschädigt wurden. "Ich hatte gehofft, dass die Wolle-Stadien der späteren Augen verschont bleiben. Aber wie es jetzt aussieht, ist das nicht der Fall." Allerdings seien die Schäden noch nicht richtig erkennbar. Dazu müsse "erst die Sonne rauskommen."
Lothar Neumann erreichen wir in Heilbronn-Erlenberg. Der Weinbauberater vom Landratsamt Heilbronn schätzt die Schäden größer ein als der letzte verheerende Frost in der Region im Jahr 2011. Nach seiner Beobachtung ist in der vergangenen Nacht (19./20. April) "der Frost weiter den Berg bis in mittlere Lagen hochgezogen". Üblicherweise seien die Schäden in den Niederungen größer. In ausgeprägten Frostlagen "erreichten die Temperaturen in Rebenhöhe minus 6 bis minus 7 Grad. Das ist gigantisch viel". Neumann hofft auf die windgeschützten, höheren Lagen. Dort hat der Frost möglicherweise nicht soviel Schaden angerichtet. Über den möglichen Traubenertrag will der Weinbauexperte nicht spekulieren. Bis in vier Wochen "wenn die Reben grün sind" sehe man die Schäden klarer. Bis zur Lese dauert es noch fünf Monate, "da kann noch viel passieren und die Rebe manches aufholen".
Am Würzburger Stein "unten weniger, oben mehr"
Arthur Baumann spricht am Würzburger Stein gerade mit einem Winzer. Der Berater des Weinbaurings Franken bittet am Telefon um etwas Geduld, bis er mit dem Betriebsleiter die einzelnen frostgeschädigten Sorten durchgegangen ist. Arthur Baumann beschreibt die Folgen der Frostnacht der prominenten Steillage nördlich von Würzburg als "marginal ausgleichbar bis hin zu 80 Prozent bis 90 Prozent Schaden". Auch er macht einen ungewöhnlichen Schadenverlauf an dem Hang aus: "Unten weniger, oben mehr." Den Frost erklärt er als einen Mix aus Strahlungsfrost und Kaltluftfrost aus nördlicher Richtung. Nach seinem Eindruck ist der Frostschaden stärker als im vergangenen Jahr.
Wie Baumann berichtet, habe der Frost wohl in ganz Mitteleuropa zugeschlagen. In Sachsen, in Oberösterreich und Tirol seien die Schäden wohl geringer. Aber im pfälzischen Deidesheim, am badischen Kaiserstuhl und in Burgund soll die eiskalte Nacht ebenfalls nicht folgenlos geblieben sein.
Die ersten Eindrücke der Weinbauberater sind vorläufig. Die Schäden lassen sich erst nach ein paar Tagen beziffern, wenn klar wird, welche Augen weiter austreiben oder eintrocknen. Zudem steht vom 20. auf den 21. April eine weitere Frostnacht an. Die Redaktion von Rebe & Wein bleibt am Thema dran. Nach Aussage der Berater sind ab dem 24. April konkretere Aussagen zum Schadenumfang möglich. Rebe & Wein wird auch in der gedruckten Ausgabe im Mai darüber berichten.
Autor: ds