Landesbauernverband: Lebensmittel sind mehr Wert +++ 14.08.2007 +++

Präsident Rukwied: Rohstoffwert in Lebensmitteln relativ gering – Personal-, Energie-, Gebäude- und andere Kosten beeinflussen den Verbraucherpreis viel stärker als die Agrarpreise – Landwirtschaft nicht den Handelsinteressen opfern – Korrektur der Tiefstpreise in den vergangenen Jahren gesellschaftlich geboten und landwirtschaftlich notwendig

Â"Wir Landwirte brauchen nicht nur höhere Erzeugerpreise für unsere einwandfreien und mühsam hergestellten Erzeugnisse – wir bekennen uns auch dazu! Wenn jetzt allerdings manche Vertreter von Verarbeitungsbranchen und Unternehmen so tun, als wären die höheren Preise an den internationalen Agrar- und Rohstoffmärkten für die dazu in keiner Relation stehenden Aufschläge auf die bisherigen Verbraucherpreise verantwortlich, so ist das nichts anderes als Verbrauchertäuschung! Ich fordere diese Leute auf, bei der Wahrheit zu bleiben. Wer nachhaltig in Deutschland eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit vor allem mit Lebensmitteln, aber auch zunehmend mit Rohstoffen zur Gewinnung von Bioenergien erhalten möchte, der kommt nicht umhin, den Erzeugern ihren gerechten Anteil an der Wertschöpfungskette zuzugestehen. Und der muss deutlich größer sein als beispielsweise vor einem Jahr.Â" So klar nimmt Präsident Joachim Rukwied anlässlich der Erntepressekonferenz des Landesbauernverbandes (LBV) am 14. August 2007 in Stuttgart zu der Preis-entwicklung von Agrarprodukten und Lebensmitteln Stellung.

Der Bauernpräsident verweist beispielhaft auf folgende Berechnungen:

  • Während die Getreidepreise in den vergangenen gut 50 Jahren – mit einer Spitze Mitte der Achtzigerjahre – um rund ein Viertel zurückgingen, stieg der Brotpreis um über das Zehnfache an.
  • Der Wertanteil des Weizens im Brot und in Brötchen lag in den vergangenen Jahren durchschnittlich bei 3,5 (drei bis vier) Prozent. Aufgrund der gestiege-nen Getreidepreise beträgt er – je nach Brot- und Brötchenart – jetzt fünf bis sechs Prozent.
  • Eine Kiste Bier (zehn Liter) enthält Braugerste im Wert von 41 Cent und Hopfen im Wert von einem Cent. Der Verbraucherpreis beträgt je nach Brauerei und Handelsbetrieb zwischen sieben und 13 Euro. Hieraus errechnet sich ein Rohstoffwert für Braugerste und Hopfen zwischen drei und sechs Prozent.
  • Bei Kartoffeln beläuft sich der Anteil der Verkaufserlöse der Landwirtschaft an den Verbraucherausgaben auf etwa 15 Prozent. Bei Fleisch und Fleischwaren beträgt er 25 Prozent und bei Milcherzeugnissen 39 Prozent.

Während durchschnittliche Haushalte in Deutschland für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke etwa elf Prozent ihrer Konsumausgaben aufwenden, sind es in Schweden und Finnland gut zwölf Prozent, in Frankreich 14 Prozent und in Italien fast 15 Prozent. In Deutschland waren es in den Fünfzigerjahren rund 45 Prozent.

Â"Ich rufe dazu auf, die ganze Diskussion um die Lebensmittelpreise zu versachli-chen und auch an die Folgen der kräftigen Eigenkapitalverluste in den ein-zelnen Betriebsformen der Landwirtschaft in den vergangenen Jahren und deren Auswirkungen für die Gesamtgesellschaft zu denkenÂ", betont Rukwied.

Der Bauernpräsident verweist auf Aussagen des Deutschen Instituts für Wirt-schaftsforschung (DIW) in der vergangenen Woche, wonach steigende Milchpreise die gesamte Lebenshaltung kaum verteuern würden. Danach beläuft sich der Anteil von Molkereiprodukten und Eiern an den gesamten Lebenshaltungskosten nur auf rund 1,4 Prozent und von Brot- und Getreideprodukten auf 1,7 Prozent.

Rukwied: Â"Wenn die Landwirtschaft in Zeiten der Globalisierung wett-bewerbsfähig sein soll und wir auch zukünftig unserer Hauptaufgabe der Lebensmittelerzeugung sowie der Zusatzaufgabe Bioenergiegewinnung gerecht werden wollen, brauchen wir höhere Erlöse, um die Eigenkapitalsituation auf unseren Höfen verbessern und notwendige Zukunftsinvestitionen tätigen zu können.Â"