Â"Etwa drei Viertel des Getreides dürfte in Baden-Württemberg abgeerntet sein. Dabei gibt es groÃe regionale Unterschiede. In den Frühdruschgebieten, insbe-sondere im Rheintal, ist die Ernte abgeschlossen. Auf höheren Lagen, wo die Witterungsbedingungen besonders ungünstig waren, steht noch etwa ein Drittel auf dem Halm.Â" Das erklärt Präsident Joachim Rukwied zum aktuellen Erntestand auf der Erntepressekonferenz des Landesbauernverbandes (LBV) am 14. August 2007 in Stuttgart.
Â"Als Folge der Wetterkapriolen mit extremer Frühjahrstrockenheit und seit Mai ge-bietlich teilweise sehr ergiebigen Niederschlägen stand in diesem Jahr die Brau-gerste vielerorts erst nach dem Winterweizen zum Drusch anÂ", erläutert Rukwied. Die Ernte von Wintergerste, die überwiegend als Futtergetreide Verwendung fin-det, und Winterraps ist landesweit  von einigen Ausnahmen in höheren Lagen  abgeschlossen. Winterweizen und Roggen dürften jeweils noch zu rund einem Viertel auf dem Halm stehen. Der Mähdrusch von Braugerste ist in den vergange-nen Tagen durch die anhaltenden Regenfälle kaum vorangekommen; knapp die Hälfte der Anbaufläche dürfte noch zur Ernte anstehen. Bei Hafer ist die Ernte noch am wenigsten fortgeschritten.
Witterungsbedingungen 2007
Die teilweise auÃergewöhnlichen Witterungsbedingungen im Anbaujahr 2007 fasst der Bauernpräsident wie folgt zusammen:
- Der milde Winter führte vielerorts zu überdurchschnittlich weit entwickelten Getreide- und Rapsbeständen im Frühjahr.
- Die auÃergewöhnliche Frühjahrstrockenheit führte auf vielen Standorten zu einem stark verminderten Wachstum. Vor allem auf leichten Böden entstan-den irreparable Schäden, die zu groÃen Ertragsausfällen führten.
- Die ausgiebigen Niederschläge ab Mai kamen vielerorts noch rechtzeitig in den für das Pflanzenwachstum wichtigen Vegetationsstadien und verminderten weitere Ertragsausfälle. Dies gilt allerdings nicht für die ungünstigen Standorte.
- Die diesjährigen Ernteergebnisse sind je nach Standort hinsichtlich Ertrag und Qualität bei allen Getreidearten sehr unterschiedlich ausgefallen.
- Früh reifende Wintergersten konnten als Folge der lang anhaltenden Nieder-schläge im Juni und Juli vielerorts nur verzögert geerntet werden. Erträge und Qualitäten schwanken in Abhängigkeit vom Standort sehr stark.
- Winterweizen hat in diesem Jahr die Trockenheit am besten überstanden. Er wurde vielfach vor der erst im Frühjahr gesäten Braugerste gedroschen, was üblicherweise nicht der Fall ist.
- Die Braugerste hat unter der extremen Trockenheit im April am stärksten gelit-ten. Aufgrund der Verzögerungen im Auflaufen der gesäten Bestände und im weiteren Pflanzenwachstum sind die Erträge vielerorts enttäuschend.
Ãberwiegend unterdurchschnittliche Erträge und Qualitäten
Aufgrund der Frühjahrstrockenheit und der danach vielerorts im Land ergiebigen Niederschläge mit ständigen Ernteunterbrechungen sind die Naturalerträge sehr unterschiedlich ausgefallen, je nach Standort, örtlichen Witterungsverhältnissen und Kulturart.
- Bei Wintergerste schwanken die Erträge zwischen 40 und 80 Dezitonnen (dt) je Hektar (ha). Durchschnittlich ging der Ertrag gegenüber dem Vorjahr um rund 15 Prozent zurück  mit groÃen Unterschieden zwischen den Standorten. Die Qualitäten fielen insgesamt durchschnittlich aus. Die Wintergerste wurde zum Teil mit Wassergehalten über dem Grenzwert eingebracht, sodass zusätzliche Trocknungskosten anfielen. Die zulässige Höchstfeuchte zur Sicherung einer gesunderhaltenden Lagerung beträgt bei Getreide 14,5 Prozent.
- Bei Weizen erzielten die Bestände mit ausreichender Wasserversorgung Erträge bis zu 80 dt/ha. Auf schlechten Standorten wurden mit 50 dt/ha jedoch unterdurchschnittliche Erträge eingefahren. Im Durchschnitt fiel die Ernte 5 bis 10 Prozent geringer als im Vorjahr aus  mit breiter Schwankung in Abhängigkeit vom Standort. Die Qualität mancher Partien lässt zu wünschen übrig. Die erforderlichen Fallzahlen von mindestens 220 bis 240 Sekunden wurden hier unterschritten. Teilweise wurde der Weizen mit Feuchtegehalten von bis zu 17 Prozent und darüber geerntet, sodass er mit entsprechenden Zusatzkosten heruntergetrocknet werden musste.
- Bei der für die Trockenheit besonders anfälligen Braugerste mussten Ertrags-verluste von durchschnittlich 25 (20 bis 60) Prozent hingenommen werden. Die Erträge schwanken zwischen 30 und 60 dt/ha, wobei das langjährige Mittel von 50 dt/ha kaum erreicht wird. Der EiweiÃgehalt liegt mit teilweise 12 bis 14 Prozent manchmal zu hoch (maximal 11,5 Prozent). Die Sortierung ist mit Vollgerstenanteilen von 60 bis 92 Prozent häufig unzureichend (Zielwert 90 Prozent).
- Die Rapserträge liegen zwischen 30 und 50 dt/ha, in Nordwürttemberg nur zwischen 30 und 35 dt/ha. Die durchschnittlichen Ertragsverluste gegenüber dem Vorjahr belaufen sich auf rund 10 (bis zu 25) Prozent. Mit rund 41 Prozent liegen die Ãlgehalte oft einen Prozentpunkt im Durchschnitt niedriger als 2006.
Rahmenbedingungen an den Getreidemärkten 2007
- Die Europäische Union erwartet eine Getreideernte von 276 Millionen Ton-nen. Das wären 4,9 Prozent mehr als 2006, jedoch 1,6 Prozent weniger als im fünfjährigen Mittel.
- Als weltweite Getreideerzeugung (ohne Reis) werden 1,667 Milliarden Ton-nen geschätzt (+ 7 Prozent gegenüber 2006), der jedoch ein höherer Verbrauch von 1,670 Milliarden Tonnen gegenübersteht.
- In den vergangenen acht Getreidewirtschaftsjahren überschritt weltweit die Produktion nur einmal den Verbrauch. Die Bestände sind auf ein historisches Rekordtief gefallen.
- Die Interventionsbestände der EU an Getreide sind abgebaut. Erstmals notie-ren die Getreidepreise auf Weltmarktniveau.
- In Baden-Württemberg wird mit 61 dt/ha eine leicht unterdurchschnittliche Ge-treideernte erwartet. Im vergangenen Jahr lag der Durchschnittsertrag über al-le Getreidearten bei 64,6 dt/ha, im Sechsjahresmittel 2001/06 bei 61,5 dt/ha (Ernteschätzung Ende Juli).
- Die anhaltenden Regenfälle in den vergangenen Tagen dürften in Baden-Württemberg zu weiteren Ertragsverlusten führen.
- Dem unter dem langjährigen Mittel liegenden Getreideangebot in der EU steht eine wachsende Binnennachfrage von rund 265 Millionen Tonnen (+ 2 bis 3 Millionen Tonnen) gegenüber.
- Die Ernten in wichtigen Getreideexportländern wie den Schwarzmeeranrai-nern fallen nach aktuellem Stand niedriger als in den vergangenen Jahren aus. Das mindert deren Einfuhren in die EU.
Für eine kontinuierliche Vermarktung sorgen
Â"Die Situation an den Getreidemärkten mit den weltweit erntebedingten Ertrags-ausfällen, der steigenden Nachfrage und dem drastischen Abbau der Bestände hat zu einem nachhaltigen Anstieg der Notierungen an den Getreidebörsen ge-führt. Die Vermarktungsmöglichkeiten sind in dieser Saison so gut wie seit Jahren nicht mehr. Zwar nehmen durch den Abbau der Preisstützung in der EU und der Exportbeihilfen sowie die fortschreitende Globalisierung die Schwankungen an den Märkten ganz deutlich zu. Der langfristige Preistrend zeigt jedoch klar nach oben.Â" So analysiert Rukwied die Situation an den Getreidemärkten. Â"Wir fordern von unseren Marktpartnern, dass die Landwirte ihren gerechten Anteil an den höheren Preisnotierungen erhalten. Das ist bitter nötig, um die ungünstige Liquiditätssituation auf vielen Höfen zu verbessern.Â"
Rukwied appelliert an die Landwirte und ihre Marktpartner, jetzt Â"für eine konti-nuierliche VermarktungÂ" zu sorgen und eingegangene vertragliche Verpflichtungen einzuhalten. Besonders weist er auf die gestiegenen Risiken hin, die aus den zunehmenden Marktschwankungen resultieren: Â"Wer das Zurückhalten von Ware überreizt, setzt sich der Gefahr stärker aus, hohe finanzielle Verluste zu erleidenÂ".
Andere pflanzliche Erzeugnisse
Kartoffeln: Der Kartoffelanbau stagniert auf niedrigem Niveau. Die Frühkartoffel-ernte begann dieses Jahr rund zehn Tage früher als gewohnt. Die Erträge liegen wegen des geringen Knollenansatzes unter dem langjährigen Mittel. Durch die nasse Witterung der letzten Tage bestehen derzeit ungünstige Ernteverhältnisse.
Gemüse: Der Mengen- und Preisdruck aus anderen EU- und Mittelmeer-Staaten ist auch in dieser Saison deutlich zu spüren. Chancen bestehen in der regi-onalen Vermarktung durch frische Ware und kurze Transportwege.
Kernobst: Am Bodensee wird mit geschätzten 281.300 Tonnen eine Rekord-Apfelernte erwartet. Das wären 29 Prozent mehr als im Vorjahr und 25 Prozent mehr als im Fünfjahresmittel 2002/06. Nach drei Jahren ständig sinkender Notie-rungen dürften die Preise in diesem Jahr besser ausfallen. In der gesamten EU rechnen die Marktfachleute mit einer deutlich unterdurchschnittlichen Ernte.